Cover: Poi: Explorer EditionVORBILD
Es gibt Spiele, die unterschätzt man, wenn man sich Screenshots oder Trailer anguckt. Poi ist so ein Spiel! Denn es ist richtig toll! Allerdings ist auch offensichtlich, dass das Entwickler-Team sehr gern Super Mario 64 - und Super Mario Sunshine! - spielt, denn die Parallelen springen einem förmlich ins Auge.

Lediglich die Motivation ist eine andere. Wo Mario natürlich Prinzessin Peach aus Bowsers Fängen befreien möchte, wollen zwei Geschwisterwaisen, ein Junge und ein Mädchen, Abenteuer erleben. Sie treffen alsbald einen alten Herren, der selbst auch Abenteurer ist, aber leider seine auf all seinen Reisen gesmamelten Medaillen verlor - ein Wind hat sie überall verstreut -, und er bittet Euch, da er nun zu alt geworden ist, um es selbst zu tun, ihm die Medaillen zurückzubringen. Im Gegenzug steht er Euch mit Rat und seinem Himmelsschiff zur Seite und hat außerdem viele Hilfsmittel, die Euch bei Eurem Abenteuer helfen werden. Lässt man nun noch außen vor, dass die Level, Grafik und Sound anders sind, könnte man beinahe von einem indirekten Mario-64-Nachfolger sprechen. Selbst qualitativ braucht sich Poi nicht hinter dessen Vorbild verstecken...

Was bei Mario 64 Peachs Schloss und die darin hängenden Bilder ist, in die man hineinspringen muss, ist bei Poi ein Himmelsschiff, das durch Drehen eines Kompass' bestimmt, welche Welt man besucht. Und was bei Mario 64 die Powersterne sind, sind bei Poi Medaillen. Und, logisch, statt mit Mario kann man vor jedem Sprung in eine Welt beim Geschwisterpaar zwischen dem Jungen und dem Mädchen wählen. Für wen man sich entscheidet, ist allein eine Frage persönlichen Geschmacks, denn beide verhalten sich in allen Punkten gleich.
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Ansonsten aber ist das Gameplay absolut identisch mit Mario 64, inklusive Dreiersprüngen, Wandsprüngen, Hechtsprüngen... Ja sogar der Seitwärtsalto ist enthalten, wenn man den Stick schnell in die entgegengesetzte Richtung drückt und gleichzeitig springt... Es fehlt lediglich die Funktion, mit der man in die Hocke gehen kann, sodass kein Rückwärtssalto möglich ist - und auch keine Stampfattacke aus dem Sprung heraus.
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HIMMELSSCHIFF
Vom Himmelsschiff aus besuchen wir mehrere Welten, die aber erst nach und nach zugänglich werden, je nach bereits gesammelten Medaillen. Diese gibt es ihrerseits in den Welten. Jede Welt hat immer mehrere Medaillen, die alle einzeln zu ergattern sind. Sie warten auf der Spitze einer Windmühle, sind in einer Höhle versteckt, oder am Ende einer Rutschbahn... ...oder man erhält sie als Dankeschön für Gefallen, die man den Bewohnern einer Welt getan hat. Wie das Aufspüren von Blumensamen, oder das Besiegen von Monstern, welche einen Turm in ihren Besitz nahmen. Auch gibt es immer auch eine Medaille für das Sammeln von 100 Münzen in einer Welt. Nicht zu vergessen die vielen geheimen Miniwelten, welche mit sich hin- und herbewegenden Klettergittern, wegbröckelnden Plattformen und vielem mehr aufwarten, aber an deren Ende immer auch eine Medaille für die Strapazen winkt.
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Nun, das klingt sehr nach Super Mario 64, oder? Doch es gibt auch Anleihen zu Super Mario Sunshine, nur sind diese wesentlich subtiler. Wie die hohen Masten, zwischen denen die weißen Springseile gespannt sind, und an denen sich drehende Hindernisse entlangbewegen, und über die man drüberspringen muss. Auch die zweite Welt erinnert mit ihren vielen Hütten und Windmühlen optisch an Monte Bianco...
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Doch sind alle diese Ähnlichkeiten so liebevoll verpackt, dass sie nicht wie ein lahmes Plagiat, sondern wie eine liebevolle Verbeugung anmuten. Und wo viele Spiele dierser Art, letztlich am Gameplay scheiterten, gelingt es Poi tatsächlich, spielerisch zu überzeugen. Poi macht Spaß, sehr viel Spaß! Die Welten sind durchdacht strukturiert und bieten jede Menge Abwechslung, sodass überall fleißig gesprungen und erklommen werden muss. Auch Plattformen, die sich bewegen, gibt es massig, sodass auch Timing wichtig ist.
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TECHNIK
Zugegeben, grafisch erreicht Poi nur durchschnittliches GameCube-Niveau, aber das Look and Feel ist trotzdem stimmig und immersiv, und es glitcht und clippt nichts. Im Gegenteil, die Performance von Poi auf der Switch ist durchweg flüssig, sodass ich nie auf Framerateeinbrüche stieß. Die Umgebungen, Gegner und NPCs sind hübsch gezeichnet und sauber animiert, und auch die beiden Geschwister sehen gut aus.
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Beim Klanggewand hat man sich ganz besondere Mühe gegeben, denn die Musiken sind absolut hochwertig. Die orchestralen Stücke sind episch, aber nie elegisch, und versprühen jede Menge Abenteuerlust. Auch die Soundeffekte sind gelungen und passen zum Rest. Lediglich die "Hepp!"- und "Hah!"-Rufe vom Jungen und vom Mädchen, wenn sie springen, sind eine Spur zu zahlreich, weil sie bei wirklich jedem kleinsten Hüpfer getätigt werden. Jedes vierte oder fünfte Mal hätte es auch getan. Immerhin kann man aber Musiken und Soundeffekte in den Optionen unterschiedlich laut zueinander einstellen. Ebenso wie die Textsprache (darunter unter anderem Englisch und natürlich Deutsch). Eine Sprachausgabe gibt es indes keine, wenn man von den phonetischen Lauten bei Sprüngen, Treffern und dergleichen absieht. Ein kleiner Wehrmutstropfen: Die Sprache stellt sich nach jedem Spielstart immer wieder auf Englisch zurück und muss erneut auf die gewünschte Sprache, also zum Beispiel Deutsch, umgestellt werden. Aber das ist nichts, was nicht schnell weggepatcht werden kann.
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Auch die Kamera, welche mit dem rechten Analogstick bedient wird, lässt sich in den Optionen konfigurieren. Sie kann sich entweder immer von selbst mitbewegen und drehen - allerdings kann auch jederzeit mit dem rechten Stick nachjustiert werden! -, oder aber sie bewegt sich nur dann in eine Richtung, wenn man es per rechtem Stick möchte. Und die Kamera, bei einem 3D-Jumper ja das Allerwichtigste, ist gut umgesetzt worden. Ob sie sich nun automatisch ausrichtet oder nur allein auf Stickbefehle reagiert - sie leistet sehr gute Arbeit. Nur in ganz seltenen Fällen, wenn man etwa mit dem Rücken an einer Wand steht und gern sehen möchte, was genau vorn zu erkennen ist, ist sie etwas störrisch. Doch geht man paar Schritte vor, ist das Problem gelöst. Dafür aber erlaubt sie drei Zoom-Stufen, zwischen welchen durch kurzes Niederdrücken des rechten Sticks gewechselt wird, und was ein großes Plus ist!
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Die Steuerung ist an Mario 64 angelehnt. Das heißt, mit dem linken Analogstick wird gesteuert, mit A gesprungen, und X vollführt einen Hechtsprung, beziehungsweise einen Vorwärtsrolle aus dem Lauf heraus. Zu großen Teilen funktioniert die Steuerung einfach so, wie sie soll und es gibt keine besonderen Probleme. Lediglich das punktgenaue Springen/Landen auf Gegnern oder Schwebeseilen geht hin und wieder leicht daneben - hier hätte ein wenig mehr Fehlertoleranz einbezogen werden sollen.
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Der Schwierigkeitsgrad ist Mittelmaß, und nur einige der Miniwelten haben ein paar knackigere Passagen zu bieten. Dennoch ist Poi auch für Profis interessant, denn die eigentliche Kunst ist ja, einen Titel auf 100% zu bringen, also sich überall genau umzugucken und alles, was gefunden werden kann - darunter etwas über 100 Medaillen und rund drei Dutzend Fossilien! -, zu finden. Das kann je nach Routiniertheit und Findigkeit, zwischen 8 und 15 Stunden dauern, denn einige Medaillen muss man etwas länger suchen, und hin und wieder sind Missionsumschreibungen, wie etwa "Blumenfest", nicht sehr aussagekräftig. So kann man sich zwar denken, dass damit die zu findenden Blumensamen gemeint sind, aber wenn man die gefunden hat, passiert erstmal nichts. Auch die drei, für die man die Samen zurückbrachte, sind zwar durchaus dankbar, aber mehr nicht. Erst, wenn man noch explizit den etwas abseitsstehenden Juror anspricht, bestimmt dieser, welche Blume die tollste ist. Man kann jetzt an diesen hochspringen, und auf einem Wölkchen oben thront dann die Medaille.
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Der Zusatz "Explorer Edition" im Titel ist übrigens einigermaßen optional. Denn Poi erschien im Februar 2017 bereits für PC, wenig später auch für PlayStation 4 und Xbox One, und es handelt sich bei der Explorer Edition für die Switch um ein und dasselbe Spiel. Jedoch gibt es einen nach und nach freischaltbaren Soundtrack zum jederzeit direkten Anhören im "Extras"-Menü, und mehrere Artworks, die unter "Extras", aber auch im Ladescreen, während eine Welt geladen wird, zu betrachten sind. Außerdem gibt es optionale Bewegungssteuerung (zumindest laut Entwicklerangaben, denn im Spiel sind sie undokumentiert und ich konnte sie auf keine Weise aktivieren) und zuschaltbaren HD-Rumble-Support. Einige Hüte und Mützen sind außerdem nur in der Switch-exklusiven Explorer Edition zu erhalten.
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FAZIT
Auch wenn Screenshots und Trailer es nicht gleich vermuten lassen, aber Poi: Explorer Edition ist äußerst gelungen und bekommt eine ganz dicke Empfehlung von mir! Sicher, der Releasezeitpunkt, der genau zwischen Super Mario Odyssey und Yooka-Laylee liegt, ist etwas unglücklich, und es fehlt dieses Quäntchen perfektionischen Feinschliffs, wie er Mario-Jumpern stets zuteil ist, aber dennoch ändert das nichts daran, dass Poi: Explorer Edition ein Geheimtipp für Jump'n'Run-Fans ist.
Jörg Singleplayer: 82%

Verfasst von Jörg am 16.12.2017,
bemustert durch Marchsreiter Communications
für bis zu 1 Person/en
Release am 24.11.2017