Cover: Paper Mario Color SplashAUSGESAUGT
Mario, Peach und Toad legen gerade in Port Prisma an und wundern sich. Was ist hier los? Niemand ist zu sehen und überall sind weiße Flecken. Am Boden, an Wänden, Türen, Straßenschildern, Blumen, am Gras... So, als hätte jemand hier und da die Farbe aus alledem und, ja, sogar den vielen Bewohnern ausgesaugt. Es dauert nicht lange, da lernen die drei Neuankömmlinge den Farbeimer Farbian kennen. Er erklärt, dass Bowser mit seinen Armeen die Prisma-Insel überfiel und nicht nur die Farbe stehlen ließ, sondern auch noch die sechs großen Farbsterne. Natürlich kann Mario das nicht einfach auf sich beruhen lassen. Er und Farbian beschließen, zusammenzuarbeiten, denn nur gemeinsam können Farbian und Mario die weißen Flecken und Toads wieder einfärben und die sechs großen Farbsterne wiedererlangen.

Und hier beginnt dann unsere Reise in der Gestalt von Mario und seinem neuen Kumpel Farbian. Wie bereits bei Sticker Star mit Kersti, ist allerdings auch Farbian kein aktiver Helfer, sondern vielmehr Marios Begleiter und Ratgeber, wenn er mal nicht weiter weiß. Jedoch ist Farbian nicht so harsch wie Kersti, sondern stets gut drauf und hat häufig flotte Sprüche in petto.

Überhaupt stehen "flotte Sprüche" und Humor im Allgemeinen wieder in voller Blüte, was allein schon eine Menge des alten Paper-Mario-Charmes ausmacht. Für Puristen aber bleibt dennoch die Erkenntnis, dass Paper Mario Color Splash wieder kein RPG-Abenteuer ist, sondern vielmehr ein Abenteuer mit einer Handvoll RPG-Elementen. Wieder gibt es keine Blütenpunkte, keine Orden, keine Erfahrungspunkte und dergleichen, aber trotzdem funktioniert das neue Konzept, denn wir haben dank Farbian einen Farbvorrat, der stets oben links im Bild zu sehen ist, dargestellt durch drei Leisten: Eine rote, eine blaue, eine gelbe. Und diese Farbvorratsleisten sind gewissermaßen unsere Erfahrungs- und zugleich auch Blütenpunkte. Wie das? Nun...
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Der Farbvorrat schwindet, wann immer Mario etwas einfärbt. Färbt er zum Beispiel einen weißen Fleck wieder rot, wird der rote Balken oben links etwas kürzer, färbt er einen blauen Toad wieder blau, wird der blaue Balken kürzer. Und selbst bei Mischfarben, wie etwa grün, funktioniert das. Färbt Mario nämlich eine weiße Fläche im Gras wieder grün, wird ein Teil gelb und ein Teil blau abgezogen.
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Auch für Kämpfe benötigt Mario Farbe, denn für seine Aktionen in Kämpfen braucht er Karten, die er auf verschiedene Weise erhalten kann, aber diese Karten sind manchmal völlig weiß und müssen deshalb erstmal eingefärbt werden, damit sie ordentlich wirken können. Denn eine weiße Mit-dem-Hammer-Draufschlagen-Karte macht sehr wenig Schaden, wohingegen dieselbe Karte komplett eingefärbt schon ordentlich Saft im Schwung hat und darum weitaus mehr Schaden anrichtet. Und naja, auch das Einfärben von noch weißen Karten kostet Farbe.
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Da der Farbvorrat natürlich nicht ewig vorhält, kann Mario diesen auf drei Arten regulieren. Zum Einen kann Mario auf viele Dinge in seiner Welt mit dem Hammer schlagen, etwa eine Blume, woraufhin diese einige Farbtropfen freigibt, welche Mario einsammeln kann, und sein Farbvorrat füllt sich wieder etwas auf. Auch erhält er stets einige Farbtropfen nach einem gewonnen Kampf. Und zum Anderen vergrößert sich Marios Farbvorrats-Maximum im Laufe des Abenteuers mehr und mehr, sodass Farbian viel mehr Farbe in sich bergen kann.
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ERFAHRUNG UND BLÜTEN
Eben jenes Konzept lässt sich sehr gut mit den Erfahrungs- und Blütenpunkten früherer Paper-Marios vergleichen, wo die Blütenpunkte ja auch nur begrenzt verfügbar waren, aber eben notwendig, um die wirklich starken Attacken ausüben zu können, weshalb man sich diese gut einteilen musste. In Paper Mario Color Splash ist es genauso: Mario braucht Farbe, möglichst viel davon, um die wirklich starken Attacken ausführen zu können. Anfangs, bei ein paar Gumbas und Koopas, ist das noch nicht der Rede wert, denn die geben sich schnell geschlagen. Aber später treffen wir ganze Rudel von Koopas auf einmal, treffen auf Spikes, Pokeys, Hammerbrüder, Flappflapps und und und... Tja, und für die braucht es schon ein wenig mehr. Wir färben also eine Karte nach der anderen ein, und der Farbvorrat nimmt ab; entsprechend der Farben, die für eine Karte benötigt werden. So kommt es, dass selbst das in unsere Überlegungen einfließt. Wenn wir noch massig Rot und genug Gelb haben, aber kaum noch Blau, können wir Karten nicht mehr blau einfärben. Schwierig, wenn Blau dafür notwendig ist. Also müssen Karten gewählt werden, die kein und oder nur seeeehr wenig Blau benötigen.
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Aber wie kann man nun das Farbvorrats-Maximum erhöhen? Nun, nach fast jedem Kampf erscheinen unter anderem auch immer einige Papphämmer. Sammelt Mario diese auf, füllt sich eine kleine Statusleiste. Ist diese voll, vergrößert sich das Vorrats-Maximum, und die Statusleiste startet wieder bei null, bereit, sich durch weitere Papphämmer erneut zu füllen, um so dann abermals das Maximum Schritt für Schritt zu erhöhen.
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Mit anderen Worten: Das Kampfsystem ist durchdacht und bloßes Draufkloppen bringt uns nicht weiter. Denn auch gegen Ende des Abenteuers kann es immer mal sein, dass der Farbvorrat sich erschöpft. Denn, wie erwähnt, die Gegner werden zahlreicher, größer und stärker, und um sie besiegen zu können, ist Farbe für die Karten, nebst bedachtem Einsatz, notwendig.
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Und auch hier schließt sich der Kreis hin zu den alten Paper Marios. Denn schon dort konnte man nur dann stärker und ausdauernder werden, wenn man die eigentlich unnötigen Standardkämpfe gegen all die luschigen Gumbas, Koopas und dergleichen kämpfte. Die nervten zwar eher und raubten Zeit, aber sie stellten auch sicher, dass Mario im Laufe der Zeit genug gereift war, um sich gegen die laut Storyverlauf "geskripteten" Gegner (wie zum Beispiel Endbosse) behaupten zu können.
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Und hier ist es ebenso: Die Standardkämpfe nerven bisweilen. Man will nur mal eben hierhin oder dorthin laufen, plötzlich saust ein Stachi heran, man kann nicht mehr reichtzeitig ausweichen und schon ist man mitten im Kampf - haaaach... Immerhin gibt es aber ein probates Mittel! Denn im Laufe der Zeit wird Mario ja immer stärker und stärker, weshalb Kämpfe gegen z.B. Gumbas ihm ja echt nichts mehr einbringen, sondern nur noch Zeit kosten. Um ihm eben diese Zeit zu ersparen, langt es, gegen zu leichte Gegner, einfach den Hammer zu schwingen oder auf sie draufzuspringen und sie sind sofort besiegt, ohne, dass es zu einer Kampfsequenz kommt. Doch, wie erwähnt, das klappt nur, wenn die besagten Gegner ohnehin keinerlei Gefahr mehr für Mario wären.
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Übrigens: Auch die Lebensenergie von Mario steigt im Laufe der Zeit. Jedoch immer erst, nachdem er einen der großen Farbsterne gefunden hat, beziehungsweise genauer: Wenn er einen der Endbosse besiegt hat, bekommt er jeweils 25 Punkte mehr Lebensenergie und hat so obendrauf einen der großen Farbsterne gerettet.
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Kleine Farbsterne gibt es allerdings außerdem auch noch. In jedem Level gibt es immer mindestens einen, nicht selten aber auch mal zwei oder drei davon. Das muss man sich so vorstellen wie in Super Mario 64, wo es in jedem Level ja auch immer mehrere Sterne gab, die immer an unterschiedlichen Stellen und durch Lösen diverser Rätseleinlagen zu finden oder zu erlangen waren. In Paper Mario Color Splash kann Mario also in jedem Level einen, zwei oder drei kleine Farbsterne finden, und wenn er einen gefunden hat, eröffnet ihm dieser Farbstern einen neuen Level auf der Weltkarte.
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HINWEISE
Häufig ist aber das Problem, dass die kleinen Fabsterne nicht immer direkt zugänglich sind, und auch nicht gerade selten sieht man nicht einmal, wo sie sich verstecken. Da sind dann je nach Farbstern allerlei Hindernisse im Weg, die beseitigt werden müssen. Das "Wie?" varriert selbstverständlich. Und meistens muss man nur seine Augen aufhalten und darauf achten, was man von den vielen Bewohnern der Welt, darunter auch Farbian, so erzählt bekommt. Denn etwas Backtracking ist, wie bei jedem Paper Mario, auch wieder mit dabei: Manchmal muss man in ein früheres Level zurück, um darin etwas für das Vorankommen im aktuellen Level zu erhalten - und sei es nur ein kleiner Hinweis auf einen Denkanstoß zur Lösung.
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Manchmal sind es klare, deutliche Aussagen, die man bloß eins zu eins befolgen muss, manchmal ist es etwas kryptischer und man muss ein wenig suchen und herumprobieren, aber meistens sind die Hinweise lediglich leicht umschrieben oder man hat sich einen Level nicht ausreichend angeguckt. Gaaanz selten aber passiert es auch, dass man für 2-3 Stunden schlicht und ergreifend festsitzt. Man hat alle Hinweise mehrfach gelesen, alles zigmal ausprobiert und man ist der Meinung, absolut alles, was benötigt wird, besorgt zu haben. Aber trotzdem passiert einfach nicht, was passieren soll. Was kann man tun? Es geht nicht weiter... Hmmm, was ist bloß zu tun? Man kommt und kommt nicht drauf, bis man irgendwann doch eine Idee hat. Denn ein weiteres Element bei der Lösung von Rätseln ist die Scherenschnitt-Funktion - die man bereits aus Sticker Star kennt.
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Im Gegensatz zu Sticker Star braucht man hier jedoch nicht auf gut Glück raten und hoffen, dass man die richtige Dings-Karte in den frischen Ausschnitt einsetzt, denn Paper Mario Color Splash ist recht offen mit Hinweisen, oder zumindest einigen Tipps in die ungefähre Richtung. Und wenn einfach gar nichts mehr geht, konsultiert man Farbian, indem man das Steuerkreuz nach oben drückt. Farbian sagt zwar auch nicht immer direkt, was zu tun ist, aber er sagt es allermeistens doch ausreichend deutlich, sodass man dann gut bestimmen kann, welche Dings-Karte jetzt wahrscheinlich einzusetzen ist.
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Dings-Karten, was das ist? Nun, das sind Karten, die bestimmte Dinge zeigen. Einen Ventilator zum Beispiel, einen Hundeknochen oder einen Eispickel. Diese Dings-Karten können zwar auch im Kampf eingesetzt werden - hin und wieder MUSS man sie sogar im Kampf einsetzen! -, aber allermeistens werden sie benötigt, um in einem Level eine Hürde zu nehmen. In einem Level ist man etwa auf einem Segelschiff, das jetzt ablegen soll - aber es ist gerade vollkommen windstill... Hmmmm... Wie kann man das Problem lösen? Vielleicht ja mit einer Dings-Karte!? Aber wo muss man sie einsetzen und welche ist die richtige? Um dies zu erkennen, muss man seine Augen gut einzusetzen wissen. Um hier aber nicht zu spoilern, gehe ich nicht weiter auf Details ein - Paper Mario Color Splash gibt zu Beginn ohnehin spielerisch integrierte Tutorials von sich, die alles, was man an Möglichkeiten hat, aufzeigen.
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Zweiter Aspekt der Scherenschnitt-Funktion ist darüber hinaus, dass man hin und wieder auch einige Hürden per Ausschneiden nehmen muss, ohne eine Dings-Karte zu verwenden. In manchen Leveln gibt es Positionen, von denen aus man sehr gut erkennen kann, dass einige Kanten und Oberflächen diverser Objekte eine Linie oder Treppe bilden. Das können Objekte weit hinten am Horizont sein, Markisen, Tore und und und... Und wenn man an der richtigen Stelle den Scherenschnitt aufruft, kann man diese Linien verbinden und Mario erlangt neue Bereiche in einem der Level. Das heißt, mit Perspektiven im weitesten Sinne wird nicht selten auch gearbeitet.
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GAMEPLAY
Zusammenfassen lässt sich Paper Mario Color Splash meiner Meinung nach so: Nintendo nahm das, was an Sticker Star gut war und verbesserte es, und alles das, was unausgegoren war oder nervte, wurde über Bord geworfen, sodass Paper Mario Color Splash sich wieder wie "Paper Mario" anfühlt. Man sieht es nicht auf den ersten Blick, weil Erfahrungspunkte, Blütenpunkte, Gefährten und alles das fehlen, doch spielt man sich eine kleine Weile ein, stellt man fest, dass die allermeisten Aspekte der frühen Paper Marios doch wieder da sind - nur anders verpackt.
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1) Es gibt zwar wieder keine Partner - siehe Sticker Star -, aber es gibt Gegner-Karten. Wenn man also beispielsweise einen Gegner besiegt, sagen wir mal einen Koopa, bekommt man dafür manchmal eine zugehörige Gegner-Karte; also in diesem Falle eine Koopa-Karte. Damit lässt sich im Kampf ein Koopa herbeirufen, der einerseits Marios Gegner angreift, andererseits Angriffe von Gegnern auf sich zieht, damit Mario keinen Schaden nimmt. Der Koopa bliebe dann solange bei Mario, bis er entweder keine Lebensenergie mehr hätte, bis er durch Ausspielen einer anderen Gegner-Karte durch jemand anderes ersetzt wird, oder bis der aktuelle Kampf vorbei ist. Eine gute Lösung, wie ich finde, die aber erst durch einige Spielzeit wirklich ersichtlich wird...
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2) ...da man den Zusammenhang zwischen Farbvorrat und den Einsatz von Karten erst allmählich wirklich versteht. Zum ersten Mal ahnt man etwas, wenn man ohne ausreichende Farbe im Vorrat oder ausreichend Karten darsteht, und die eigenen Attacken nur noch ein müdes Lächeln bei den Gegnern hervorrufen, sofern man überhaupt welche ausführen kann. Allerdings zieht der Schwierigkeitsgrad erst nach dem zweiten großen Farbstern etwas mehr an - bis dahin sind lediglich die Rätsel und die Bosskämpfe als fordernd zu bezeichnend, während die Kämpfe gegen Gumbas und Co. mehr wie Fleißarbeit anmuten, was darum das Kampfsystem nicht ausreichend glänzen lässt. Wie auch, wenn man fast alles immer direkt wegputzt, und überall Karten oder Farbtropfen zum Nachfüllen zu finden? Doch, wie erwähnt, bald schon muss man auch bei den Kämpfen immer mehr taktieren.
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3) Der Humor ganz allein ist bei Paper Mario Color Splash schon mal die halbe Miete. Natürlich werden nicht alle an denselben Stellen lachen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur eine einzige Person nicht regelmäßig schmunzelt oder lacht, wenn sie Paper Mario Color Splash spielt. Die Gags sitzen oft, und ja, ok, viele der Gags sind Wortspiele mit Bezug zu Farben ("sich grün ärgern", "blaumachen", "gelb vor Neid"...), aber es gibt auch jede Menge Anspielungen, die weniger offensichtlich oder der momentenan Spielsituation angemessen sind.
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4) Ja, Paper Mario Color Splash bietet keinen neuen Charaktere, zu mindestens 95% sind die NPCs Toads. Toads überall! Als Briefträger, als Professor, als Pirat und und und... Nicht zu vergessen die viiiielen "Standard-Toads". Das ist einfallslos und um ehrlich zu sein hätte ich mir durchaus echte Typen gewünscht, die sich unterscheiden, durch ihr Äußeres und ihre Schrullen, aber ich muss zugeben, wirklich gestört hat mich das auch nicht. Wohingegen ich mich bei Paper Jam Bros. auf dem 3DS von den vielen Toads doch etwas genervt fühlte, weil man sie permanent retten oder einfangen musste, ist der Einsatz der Toads als Gameplay-Element wesentlich stimmiger. Man muss zwar auch hier immer mal wieder einen Toad finden, einem Toad einen Gefallen tun oder einen Toad um Hilfe bitten, aber durch den Humor, das ganze Drumherum, die Rätsel und dadurch, dass die Toads eben nicht per-ma-nent zu retten sind, fällt es nicht wirklich auf, dass die Charaktervielfalt sehr einseitig ist. Man bemerkt es zwar, doch es stört nicht.
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TECHNIK
Grafisch ist Paper Mario Color Splash eine Wucht. So super hat ein Paper Mario noch nie ausgesehen. Die ganze Welt ist bunt und farbenfroh, und wie teils in der Tat brilliant Animationen anhand von Papier, Pappe und ähnlichem realisiert werden, muss man selbst gesehen haben; wirklich beschreiben lässt es sich nicht. Alles, bis auf gaaaaanz wenige Ausnahmen, besteht aus Zellstoffmaterialien, selbst das Wasser, auf dem etwa ein Schiff fährt, ist aus weißer, dunkel- und hellblauer Pappe gemacht, die um sich selbst hin- und herwabert, sodass es wirkt, als schwappe Wasser auf und nieder. Auch auf die kleinen, eher unscheinbaren Dinge wurde viel Wert gelegt; wie beispielsweise das Schimmern der Farbtropfen (die Mario einsammeln kann) in der Sonne, oder Licht- und Schatteneffekte aller Objekte, ensprechend der Perspektive aus der man auf das Geschehen blickt. Auch die Umgebungen sind sehr vielseitig: Mario reist durch Wald und Wiese, eine archäologische Ausgrabungsstätte, Höhlen, eine alte Zugwerkstatt, wuselt sich durch ein Hotel voller Geister, segelt auf dem Meer und jagt einem Piraten nach, springt in eine gespiegelte Dimension und und und...
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Auch in Sachen Audio kann ich mich nur voll des Lobes äußern. Jeder Level hat seine ihm eigene Musik, und nur in ganz seltenen Fällen wird ein Song auch in einem anderen Level verwendet; aber dies auch nur deshalb, weil dann der zweite Level dem ersten in gewisser Weise zugehörig ist. Und die Tracks sind fast jedes Mal so gestrickt, dass man bereits nach 1-2 Minuten unweigerlich mitsummt. Im Besonderen in den Leveln, die ich mal als "Piraten-Kapitel" beschreiben möchte, kommt nach jedem Verstakt immer ein prägnantes und mit tiefer Stimme gemummeltes "Homm" - und man singt es andauernd mit. Auch rein thematisch wird akustisch viel geboten, von Rockabilly über Jazz, von Country bis Folklore, von peppigen Südseerhythmen bis hin zu atmosphärischen Mystikklängen...
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Kurz und knapp: Was Paper Mario Color Splash Augen und Ohren bietet, ist ein Geniestreich!
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Kommen wir zur Steuerung: Alles das, was man über das GamePad tut, geht gut von den Fingern. Getoucht wird praktisch gar nicht - lediglich um das Status-Menü auf dem Screen aufzurufen, beziehungsweise, um darin zu navigieren, wird getoucht. Alles andere läuft über den linken Analog-Stick und die Tasten und Buttons des GamePads. Doch selbst das Touchen lässt sich zu einem gewissen Teil abschalten, damit man auch so via Buttons und Co. arbeiten kann. Denn im Kampf etwa werden per Standardeinstellung mittels Touchgesten die Karten verwaltet, ausgewählt, eingefärbt und final bestätigt (mit einem Wisch in Richtung des TV-Geräts). Wer davon genervt ist, wie ich zum Beispiel, stellt dies in den Optionen um, und kann fortan mittels linkem Analog-Stick oder Steuerkreuz zwischen seinen Karten blättern, via A-Taste bestätigen, beziehungsweise via B-Taste die letzte Auswhal rückgängig machen. Und statt der Wischbewegung in Richtung TV drückt man nun einfach Analog-Stick oder Steuerkreuz nach oben. Es ist also offensichtlich, dass man bei Paper Mario Color Splash möglichst alles richtig machen wollte - denn es gibt ja nun nicht wenige Gamer und Gamerinnen da draußen, die keine Lust auf Gesten haben.
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Dennoch wurde in diesem Punkt nicht immer konsequent entwickelt, denn es gibt hier und dort trotzdem Momente, beispielsweise wenn man außerhalb von Kämpfen doch einmal eine Sequenz im Spielverlauf hat, die verlangt, auf dem Touchscreen eine Auswahl zu tätigen, und man muss dann feststellen, dass hier Touchgesten gemacht werden müssen, weil das Drücken von allen anderen Bedienelementen keinerlei Effekt zeigt. Es passiert nicht allzu häufig und stört auch nicht sonderlich viel, aber unverständlich ist es mir trotz alledem.
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MECKERECKE
Etwas, was mich schon ein wenig mehr wurmt, ist einerseits die recht strikte Linearität der Story, und andererseits damit einhergehend, dass Farbian manchmal das Offensichliche erklärt, manchmal aber auch einfach nicht erklären will, was man nun als nächstes zu tun hat, wenn man gerade total auf dem Schlauch steht. Denn es ist in so einem Fall nicht möglich, einfach solange etwas anderes zu erledigen, um andere Bereiche der Story zu verfolgen. Nein, wenn man nicht das gerade anstehende Rätsel zu lösen vermag, sitzt man in einer Sackgasse. Und hier wünscht man Farbian bisweilen dahin, wo der Pfeffer wächst. Einige der Rätsel sind sowas von offensichtlich und leicht zu durchschauen, dass man schon leicht genervt reagiert, wenn Farbian zu einer Erklärung ansetzt, ohne, dass man ihn überhaupt danach gefragt hat, etwas derartig simples zu klären. Und dann gibt es einige Rätsel, da sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht oder weiß nicht, wo ungefähr man nach Element X suchen muss, um Hürde Y in Level Z zu nehmen, und sehnt sich nach 3-4 Stunden voller Ratlosigkeit und Frust einen kleinen Hinweis herbei, irgendeine winzige Hilfestellung. Aber Farbian will dazu entweder nichts Verständliches sagen, oder er sagt überhaupt gar nichts zur Sache und meint bloß, man würde offenbar schon eine ganze Weile ratlos herumlaufen, aber man könne ja mal mit den Bewohnern von Port Prisma sprechen; was man aber bereits drei-, viermal getan hat. Selbst der nette Zeitungsleser-Toad in Port-Prisma, der öfters Anhaltspunkte oder Denkanstöße liefert, äußert sich hier und dort nichtssagend.
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Sicherlich, nochmal in ein paar vorherige Level zurückgehen und einige bislang verpasste weiße Flecken einfärben, kann man immer wieder mal, und sei es nur zur spontanen Abwechslung zwischendurch, weil man seinen Spielstand auf 100% bringen will. Aber das ist auch schon alles, was man in so einem "Was zum Henker soll ich bloß tun, was bloß!?"-Fall machen kann. Denn anders als in den früheren Paper Marios erhält man nicht immer mal wieder neue oder verbesserte Fähigkeiten, um wie ein Papierflieger über Abhänge zu gleiten, oder um wie auf einem Skateboard über Stacheln zu sausen. Sondern Marios Fähigkeiten sind und bleiben immer dieselben. Man kann also nicht einfach mal all seine neuen oder verbesserten Fähigkeiten auf verschiedene Weise an diversen Stellen ausprobieren - denn man hat ja nur die, die man eh immer hatte.
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Ab und zu gibt es auch riiiiesige Areale, die am Stück komplett weiß sind. Das Spiel will nicht, dass man diese Fläche mit dem Hammer einfärbt, obwohl dies theoretisch möglich wäre, selbst, wenn es lange dauern würde. Statt dies aber durch beispielsweise eine Tür, die man ohne einen bestimmten Schlüssel noch nicht öffnen kann, zu verhindern, plappert Farbian unentwegt in die Einfärbeaktion rein und fort dazu auf, dies doch besser sein zu lassen, weil man das ja nie im Leben alles auf diese Weise einfärben könnte. Zugegeben, Farbians Kommentare hierzu sind witzig - einmal meint er lakonisch, dass er daran zweifle, ob Mario wirklich so ein cleverer Held sei, wie es allgemeinhin immer heiße, wenn er, Mario, ernsthaft vorhätte, dies alles mit dem Hammer einzufärben -, aber wenn man hier einfach noch nicht einfärben soll/darf, dann soll man das doch bitte anderweitig verhindern, denn, wie gesagt, hin und wieder wäre es eigentlich möglich, direkt mit dem Farbhammer einzubunten.
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Ein weiterer Punkt, der ein wenig sinnlos erscheint, ist Gold. Man bekommt zu verschiedenen Anlässen, etwa nach einem Kampf, Goldmünzen, um sich Dinge leisten zu können, wie unter anderem Aktionskarten im Shop von Port Prisma, oder in Form von Schmiergeld, damit Charakter X mit einer Information herausrückt oder einen Gefallen erledigt. Doch hatte ich bereits mitten im zweiten Kapitel das Maximum von 9999 Goldmünzen erlangt, und selbst, wenn ich Karten kaufte, Informaten schmierte oder sonstwie das Geld ausgab, fand ich irgendwo irgendeinen Schatz, und erhielt postwendend 300 Münzen. Auf der einen Seite finde ich es gut, dass darauf geachtet wurde, dass man nicht ewig und drei Tage Kämpfe bestreiten muss, um für's eigentliche Vorankommen mühsam Münzen zusammenzukleckern, aber Frequenz und Masse, mit welcher die Bare Münze in die eigenen Taschen hüpft, ist etwas zu großzügig. Umso unverständlicher ist mir, dass man für Karten nicht zwigend Geld ausgeben muss, denn man findet diese einfach überall in der Welt. In ?-Boxen, nach einem Kampf, hinter Büschen, unter Teppichen, nach dem Einfärben diverser Objekte... An Karten mangelt es also so gut wie gar nicht. Selten benötigt man Dings-Karte X, die man nur durch klingende Münze bekommt, oder manchmal deckt man sich in Port Prisma auch schon mal mit etwas stärkeren Karten ein, damit man es in späteren Kapiteln etwas leichter hat - doch auch dann füllt sich der Geldbeutel wieder relativ schnell. Und sollte doch einmal Ebbe herschen, geht man in eine der Schnick-Schnack-Schnuck-Arenen, bekommt dort dann Preisgelder, und schon hat man sich auf die Schnelle zwischen 500 und 2000 Münzen zusammengezockt. Nochmal, ich finde es gut, dass Gold kein allzu tragendes Element spielt, sodass man nicht stundenlang ein paar lahme Kröten zusammenkratzen muss, aber dass man ohne Weiteres zum Krösus werden kann, führt das Gold-gegen-Ware/Information-Konzept etwas ad absurdum.
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Zu guter Letzt möchte ich die latent eingestreuten und nur als "billig" zu bezeichnenden Game Overs nennen. Wenn Mario in einem Kampf draufgeht, oder etwa in Lava fällt, aber seine Energie nicht mehr ausreicht, heißt es natürlich Game Over - klare Sache. Ist auch kein Problem, denn das Spiel geht danach einfach am letzten Savepoint weiter. Gespeichert wird immer, wenn man einen Level beendet hat, oder von allein wieder verlässt, oder wenn Mario die ein-, zweimal in jedem Level veteilten S-Blöcke von unten anspringt. Also an und für sich halb so schlimm, wenn es mal zum Äußersten kommen sollte. Sowas passiert nun einmal und gehört zu Videospielen dazu. Was mich aber trotzdem stört, sind unerwartete Storyverläufe, die, wenn auch nur äußerst selten, dafür um so plötzlicher passieren. So plötzlich, dass man nicht anders kann, als zu versagen, und sagen wir mal vom Zug überrollt zu werden. Und dann heißt es Game Over. Man wartet also die Game-Over-Animation ab, dass der Titelbildschirm erscheint, drückt schnell den A-Button, damit man zurück ins Abenteuer kann, wartet die fünf- bis zehnsekündige Ladezeit ab, wählt den letzten Level aus, wartet auch hier die kurze Ladezeit ab und kann dann endlich am letzten Savepoint erneut ansetzen. Das nervt einfach. Hätte man in diesen plötzlichen Momenten eine faire Chance, die Situation und das, was zu tun ist, zu begreifen, hätte ich damit kein Problem, aber man wird in diesen - nochmal: seltenen! - Augenblicken so überrumpelt, dass man sich diese paar Sekunden des Wartens, um weiterspielen zu können, durchaus zurückwünscht.
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Abschließend möchte ich die "Meckerecke" damit beenden, dass die hier genannten Kritikpunkte das Gesamtbild nicht allzu sehr trüben; das Meiste ist einfach nur etwas ungünstig oder unnötig, fällt aber nicht sonderlich stark ins Gewicht... Lässt man mal die Momente außen vor, in denen man partout nicht weiterweiß, man alles aber auch schon tausendmal ausprobiert hat, und man deshalb schlicht keine Einfälle mehr hat, was man noch machen soll. Wer also bei einem Rätsel nicht dahinter kommt, was zu tun ist, hat Pech und kann bloß noch in allen Leveln genauestens nach Element X suchen, weil man es bislang einfach übersehen hat und ja vielleicht doch noch irgendwie zu einer Lösung führt; ohne, dass man aber wüsste, was man sucht oder wenn man es weiß, wo ungefähr man es suchen oder wie und wo man es einsetzen sollte. Ich jedenfalls ärgerte mich ganze viermal darüber, dass erst ab Release das Internet voller Let's-plays und Komplettlösungen sein würde!
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FAZIT
Das Entwickler-Team hat sich die Kritik am Vorgänger offenbar sehr zu Herzen genommen, denn das Basis-Gameplay aus Sticker Star ist nach wie vor intakt, wurde allerdings von dessen vielen Schwächen befreit und mit einigen der alten Stärken aus der glorreichen Äonentor-Phase aufgemotzt. Das wird nicht sofort deutlich, erschließt sich aber noch sehr früh im Spiel, und man beginnt zu verstehen, dass der Farbvorrat eigentlich nichts anderes als das Blütenpunkte-System ist, und dass Erfahrungspunkte nun in Gestalt von Papphämmern erscheinen, welche den Farbvorrat nach und nach aufstocken. Selbst das Karten-Prinzip, wenn es auch dem Sticker-Konzept sehr ähnelt, kann überzeugen, weil es Hand in Hand mit dem Farbvorrat geht.
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Trotzdem sind es vor allem Humor, Grafik und Sound, sowie das Wieder-einfärben-wollen aller weißen Flecken, welche den Charme und den Reiz von Paper Mario Color Splash ausmachen. Denn das Gameplay als solches ist mir für ein Spiel dieses Genres zu linear und bietet nicht ausreichend viele Möglichkeiten, selbst kreativ zu werden, wenn es um das Finden von Lösungen geht. Ja, ich weiss, Äonentor war auf seine Weise auch linear, aber es gab zig Sidequests, und Mario hatte durch seine ständigen Begleiter und immer neuen Fähigkeiten haufenweise Wege des Vorankommens, sodass man gern einfach mal alles ausprobierte, um so vielleicht eine Hürde nehmen zu können. Diese Freiheit der Neugierbefriedigung und das Wandeln abseits der eigentlichen Story fehlen mir bei Paper Mario Color Splash einfach. Wenn man hier festsitzt, dann sitzt man eben fest.
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Nichtsdestotrotz ist mir Paper Mario Color Splash die Wertung von 88% allemal wert, dazu habe ich einfach viel zu häufig gelacht, mich zu sehr an der grafischen Pracht erfreut, zu oft all die Ohrwürmer mitgedudelt und zu genau alle Level nach dem allerletzten noch einzufärbenden Fleckchen abgegrast.
Jörg Singleplayer: 88%

Verfasst von Jörg am 05.10.2016,
bemustert durch Nintendo
für bis zu 1 Person/en
Release am 07.10.2016