Cover: Etrian Odyssey NexusWar die letzte Handvoll Etrian-Odyssey-Games mit jedem Mal eher etwas komplexer geworden, mit Rezepten, die man sammeln musste, ein Restaurant, das man leiten und Stadtteilen, die man ausbauen konnte, Grimoires, die man an Waffen anbringen konnte und und und, geht Etrian Odyssey Nexus einen ganzen Schritt zurück.

Das Grundlegende, das Dungeon-Crawlen, ist unverändert enthalten. Wir durchschreiten der Reihe nach mehrere Dungeons, die sehr labyrinthhaft gestaltet sind und häufig mehrere Etagen haben. Während wir auf jeder Etage immer den jeweilgen Ausgang suchen und dabei das Pflegen der Karte - damit wir uns nicht verlaufen - nicht vergessen, stoßen wir per Zufallsprinzip auf haufenweise Gegner, die uns ans Leben wollen. In diesem Moment beginnt ein rundenbasierter Kampf, bei dem erst wir für jeden in unserer Gruppe die Befehle vergeben, und dann spielt die Runde einmal alle Aktionen auf unserer und gegnerischer Seite durch. Und die nächste Runde beginnt, solange nicht entweder alle Gegner oder wir selbst komplett erledigt wurden.

Gerade bei den Kämpfen gibt es an der Oberfläche soweit keinerlei Unterschied zu vorher. Natürlich unterscheiden sich Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten je nach Charakterklasse und später hinzulernbarer Subklasse eines Gruppenmitglieds, aber alles andere, wie Einsatz eines Items, einfache Schildverteidigung, Fluchtversuch und dergleichen, sind wie immer jederzeit gegeben. Geblieben ist auch das Boost-System, bei dem die Boost-Gauge bei 0% beginnt und sich im Laufe der Zeit auf 100% gemausert hat. Dann aber gibt es eine Veränderung. Denn statt wie zuvor durch die Boost-Aktion eine meistens besonders mächtige Aktion durchzuführen, wird hier nun eher eine Art nützlicher Bonus aktiviert, wie für die nächsten 3 Runden stärkere Angriffe zu machen, oder die Verteidigung für 3 Runden zu verbessern. Danach ist der Effekt verwirkt und auch die Boost-Gauge startet wieder bei 0%. Möchten wir unsere besonders mächtige Spezialaktion durchführen, müssen wir innerhalb der 3 Runden, nach Aktivierungen des Boosts, den Break-Befehl ausführen, und ab geht die Luzie. Allerdings hat das nun den Nachteil, dass der Boost hier nach erst dann wieder verfügbar ist, wenn wir zurück in der Stadt waren. Kurz: Der Einsatz des Breaks muss wohl überlegt sein, denn er steht pro Verlassen des Stadt jedem Mitglied lediglich einmalig zur Seite.
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Hierdurch ergibt sich auch eine leicht andere Spielweise als bei früheren Etrian Odysseys. Denn dadurch, dass man nicht einigermaßen regelmäßig die Superspezialattacke verwenden kann, muss man sich sehr viel mehr auf seine managestützten Aktionen verlassen, was bedeutet, dass der Mana-Vorrat ("TP" genannt) recht zügig gen 0 wandert, was vor allem in Kämpfen gegen die großen, wirklich gefährlichen Gegner, und noch mehr in Bosskämpfen, am Ende eines Dungeons, hin und wieder zu Schwierigkeiten führt. Hier heißt es dann durchaus schon mal, den Boss Boss sein zu lassen und die Gruppe lieber noch eine kleine Wenigkeit zu leveln, damit die Spezialfähigkeiten verstärkt werden. Denn gerade ohne die geht es schlicht und ergreifend nicht, wenn man Erfolg haben möchte. Mit weiter fortschreitendem Spielverlauf relativiert sich das allerdings auch wieder, denn wenn die Gruppe entsprechend gelevelt ist, und auch HP- und TP-Anzeige in den oberen dreistelligen Bereich vorgedrungen sind, kann man mühelos mal einige Attacken oder Zauber raushauen, ohne, dass man die so seltenen Items für TP-Wiederherstellung gebrauchen muss.
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Und, wie bereits erwähnt, lassen wir die Kämpfe außen vor, stellen wir fest, dass Etrian Odyssey Nexus sich viel mehr wie die ersten Etrian Odysseys spielt. Weil die vielen neuen Elemente, die in den letzten Jahren hinzukamen, rest- und ersatzlos entfernt wurden. Dadurch muss man sich um sehr viel weniger Drumherum kümmern und fokussiert sich wieder weitaus mehr auf das Kerngameplay. Dennoch gibt es auch eine Neuerung im Bereich der Dungeons. Möchten wir die Stadt verlassen, sehen wir eine ausladende und wirklich sehr schön gemachte Übersicht der gesamten Welt von Etrian Odyssey Nexus und hier und dort sind Punkte eingezeichnet, an denen Dungeons und andere Points of Interests verzeichnet sind - ein Camp, um neue Kräfte zu schöpfen, zum Beispiel. Allerdings sind diese Punkte erst nach und nach zugänglich und ein neuer taucht erst dann auf, wenn die gerade aktuellen bis zu einem gewissen Grad abgearbeitet wurden.
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Schade ist aber, dass auch hier wieder sehr viele Gegner erneut wiederverwendet wurden. Nicht, dass das per se negativ wäre, denn grafisch ist wie immer alles in bester Ordnung. Doch noch nach nun mehreren Ablegern, hätten mehr als gefühlt nur die Endbosse neu erschaffen werden können. Denn obwohl die Dungeons allesamt neu und sogar größtenteils toll anzuschauen sind, fühlt sich Etrian Odyssey Nexus so an, als spiele man eine Art DLC für einen der jüngeren Vorgänger. Bei vielen Gegner erinnerte ich mich, gegen was sie besonders anfällig sind, oder welche Strategie zu nutzen ist; es fehlen die Überraschungen, das Erst-herausfinden-müssen, wie vorzugehen ist. Als Fan und Intensivspieler der Serie gab es für mich nichts Neues zu entdecken - abgesehen vom neuen Boost-Break-Konzept.
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Auch mehrere der Nebenquests habe ich nicht selten im Vorbeigehen abgehakt, oder hatte sie bereits im Moment des Annehmens erledigt, weil ich etwa notwendige Items schon eingesammelt oder einen der zu suchenden Gegner erledigt hatte. Es ist dann durchaus etwas enttäuschend, wenn man eine Quest annimmt und direkt der Hinweis erscheint: "A new quest can be reported".
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Ich habe darum einige Zeit nachgedacht, wie ich Etrian Odyssey Nexus empfinde, und kann nun sagen: Es ist nach wie vor ein großartiger Dungeon Crawler, gar keine Frage. Vier Schwierigkeitsgrade, eine mehrere Dutzend Stunden umfassende Spielzeit, viele Dungeons, viele Klassen, viele Quests, die eigene Gruppe nach Lust und Laune leveln... Es gibt also viel zu tun und es gibt viele spannende Momente während der Kämpfe und man bangt ein ums andere Mal darum, dass man vielleicht doch noch so gerade eben heil aus der Sache herauskommen möge. Auch ist die Grafik wie immer super und toll animiert, und die Musiken sind schlichtweg phantastisch.
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Für langjährige Fans der Reihe, allerdings, gibt es nur wenig zu entdecken und des Öfteren schleicht sich in einer Spielsession nach jeweils 2-3 Stunden das Gefühl von Routine ein. Die Gegner sind sehr häufig schon bekannt, die Gameplaymechanismen ebenfalls. Wenn an einer Stelle im Dungeon etwa erklärt wird, hier sei gerade etwas, aber man kann damit noch nicht interagieren, weiß man, dass man sich erstmal eine Markierung macht und dass in Kürze eine Nebenquest kommen wird, die verlangt, dass man etwas sucht - und natürlich findet man es sicher an besagter Markierung. Klaro, es gibt auch die Momente, in denen man beispielsweise mit NPCs interagiert, die einen auf der Reise begleiten und manchmal sogar im Kampf mitmischen, aber das fällt kaum ins Gewicht - eben, weil es auch das schon in früheren Titeln der Reihe gab.
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FAZIT
Etrian Odyssey Nexus ist erneut absolut gelungen. Super Grafik, hervorragende Musiken, und dass viel Schnickschnack der letzten Serienableger entfernt wurde, finde ich persönlich eher gut als schlecht. Allerdings fehlen für Etrian-Odyssey-Kenner Überraschungen, da im Grunde eigentlich nur die Dungeons selbst wirklich neu sind. Gegnertypen und -grafiken, Charakterklassen, Questverläufe... ...all das wurde zu einem signifikantem Teil unverändert übernommen - von einigen wenigen Dingen abgesehen, die ergänzt wurden. Veteranen müssen sich also ein wenig auf Routine einstellen, die den Spaß unnötig begrenzt.
Jörg Singleplayer: 86%

Verfasst von Jörg am 05.02.2019,
bemustert durch Deep Silver
für bis zu 1 Person/en
Release am 05.02.2019