Cover: Last Window: Das Geheimnis von Cape WestNICHT SCHLEIFEN LASSEN
Mit Last Window nimmt Entwickler CING seinen Hut - Insolvenz, leider. Wie für CING üblich, ist natürlich auch "Last Window: Das Geheimnis von Cape West" in einer Art interaktiven Romans gehalten; wer also z.B. Hotel Dusk oder Another Code: R kennt, weiss genau, was ihn erwartet. Und CING hat trotz seines baldigen Endes sein letztes Projekt nicht schleifen lassen.

Ihr schlüpft in die Rolle von Kyle Hyde, der bereits in Hotel Dusk ein Geheimnis lüftete. Gut aber, dass man nicht Hotel Dusk kennen muss, um mit Last Window zurechtzukommen, weil Kyles Erlebnisse in Hotel Dusk auf die Schnelle zusammengefasst, dann aufgegriffen und teilweise sogar direkt weitergespielt werden. Denn Last Window führt die Handlung von Hotel Dusk so geschickt weiter, dass man gar nicht merkt, dass man den Vorgänger eventuell gar nicht kennt.

Aber kommen wir mal auf den Kern des Ganzen. Gespielt wird Last Window mehr oder weniger so, wie man ein Buch liest. Das bedeutet, es wird viel, sehr viel gelesen, allerdings immer gepaart mit kleinen Abschnitten, in denen man als Kyle durch Cape West herumläuft und auf Mitbewohner, die Vermieterin oder andere Gestalten trifft. Spricht man diese an, entwickelt sich ein Gespräch. In diesen Gesprächen sammelt man allmählich erste Fakten und Indizien, und Kyle bemerkt mehr und mehr, dass irgendwas nicht stimmt. Hin und wieder kann man aber auch gezielt Fragen oder Kommentare auswählen, um so den Verlauf einer Konversation ein wenig in die gewünschte Bahn zu lenken.
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IM SANDE VERLAUFEN
Manchmal allerdings kann genau das auch gefährlich sein, was dann dazu führt, dass man sich Ärger einhandelt, oder dass das Spiel sogar sofort am Ende ist. Dass man auf diese Weise nun ab und zu auch mal in ein Fettnäpfchen tritt, das Spiel vorbei ist, und man seinen Spielstand neuladen muss, und man deshalb beim nächsten Mal einfach eine andere Frage stellt, lässt sich natürlich nicht vermeiden, doch sorgt es ab und zu für ein wenig Frust, wenn man sich wieder durch diverse Gespräche mühen muss, bis man endlich an der Stelle angelangt ist, bei der es beim letzten Mal vorbei war.
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Oft gibt es sogar die Möglichkeit, ein Gespräch durch Ignorieren eine nun angebrachten Frage, im Sande verlaufen zu lassen. Das ist einerseits praktisch, führt aber dann immer mal wieder dazu, dass ein Gespräch nicht so verläuft, wie es von den Entwicklern geplant war. Man erhält dann zwangsläufig keine weiteren Informationen und kommt nicht weiter, bzw. das Spiel endet auch hier ab und zu, weil der Gesprächspartner sich blöd angemacht fühlt, da man ihn ja in gewisser Weise ignoriert. Das mag in der Theorie sehr real sein, wie es unter Menschen nun mal so passieren kann, aber in einer Art interaktiven Roman, der davon lebt, dass er spannend und fesselnd ist, stören diese kleinen Stolpersteine nur - viel interessanter ist es doch, wenn die spannende Story immer weiter geht. Das ist in etwa so, als lese man ein wirklich gutes Buch. Aber das Buch weigert sich, dass man zum nächsten Kapitel umblättern kann, bis nicht ein neuer Tag begonnen hat.
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WEITERE PARALLELEN
Weitere Parallelen zum Buch gibt es auch an einigen anderen Stellen! Den DS hält man quer, wie ein Buch eben. Die Gespräche innerhalb des Spiels werden mittels Stylus geführt. Entweder tippt man einfach irgendwo auf den Touchscreen und das Gespräch fährt einfach fort - blätter also quasi weiter -, oder man tippt auf eine Antwort oder Frage und dirigiert das Gespräch ein wenig.
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Ausserdem ist es häufig nötig, sich Notizen zu machen, beispielsweise, dass man der Vermiterin noch 400$ schuldig ist, und dass diese bald fällig sind. Oder man notiert sich Zahlenkombinationen, und ähnliches mehr. Ferner hat Kyle ein Inventar. Briefe, die er im Laufe der Zeit aufnimmt, Schüssel oder ähnliche Dinge werden darin verstaut. Manche Gegenstände müssen später vielleicht miteinander kombiniert werden, damit sie nützlich werden können, und soweiter.
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Schön ist aber auch dann, dass das Gefühl, ein Buch zu lesen, wenn es auch einer etwas interaktiveren Natur ist, sich nie verliert. Zu allererst verfolgt man stets romanartig die Story, die einem präsentiert wird, und merkt gar nicht, wie man nebenbei dauernd z.B. Kyle mit dem Stylus durch einen Flur in einen anderen Raum hinlaufen lässt und dafür einen Schlüssel sucht. Das liegt wohl vorallem auch daran, dass zu keiner Zeit Hektik verbreitet wird. Weil jeder Text in aller Ruhe gelesen und jede Aktion in aller Ruhe durchgeführt werden kann. So bleiben Spannung und Interesse an der Story zu jeder Zeit erhalten.
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FAZIT
Wer hier einen Actionthriller erwartet, sollte sich schnell von dieser Vorstellung verabschieden. Denn ganz wie Hotel Dusk für den DS oder Another Code: R für die Wii, ist das hier kein Spiel im herkömmlichen Sinne, sondern viel mehr ein interaktives Buch - und ein spannendes obendrein, welches auch durch das sehr getragene musikalische Ambiente, den super animierten Bleistiftportraitstil und die einwandfreie Stylusumsetzung noch weiter gefördert wird.
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Einzig die ab und zu auftauchenden "Game Over"-Phasen, wenn man in einigen Gesprächen unangemessen reagiert, stören ein kleines bisschen. Aber nicht sooo sehr, dass man sich diesen Titel entgehen lassen sollte. Im Gegenteil: Ich kann ihn nur empfehlen.
Jörg Singleplayer: 77%

Verfasst von Jörg am 22.09.2010,
bemustert durch Nintendo
für bis zu 1 Person/en
Release am 17.09.2010