Cover: All-Star Fruit RacingAuf jeder anderen Nicht-Nintendo-Plattform wäre es leicht, keinen Vergleich mit Mario Kart zu machen - aber naja, auf der Switch ist das nunmal unmöglich. Mario Kart ist eben einfach die Referenz in Sachen Fun- und Kart-Racer. Allerdings macht All-Star Fruit Racing keinen üblen Job, dieser Referenz nahe zu kommen.

Denn die offensichtlichen Dinge macht All-Star Fruit Racing erstmal richtig: 8 Karts auf der Strecke, das Look and Feel ist originell, ausreichend viele Strecken und Cups, eine Menge spielbarer Charaktere, die Grafik ist ansprechend, die Musik ist es auch - selbst das Gameplay kann punkten. Woran hapert es denn, dass All-Star Fruit Racing dem Zampano Mario Kart 8 Deluxe nicht den Rang abläuf... äh, abfährt? An Kleinigkeiten und Details - wie das oft so ist...

So unterscheiden sich beispielsweise die Karts und Charaktere im Fahrverhalten überhaupt nicht. Und sollten sie es doch tun, ist es mir zumindest nicht aufgefallen. Die Karts etwa lassen sich anpassen, allerdings rein optisch. All die vielen verschiedenen Farben und die zig Bauteile - nur für's Auge. Jedes Kart basiert auf dem Grundmodell und ist allein im Aussehen anders - und das auch nicht mal wirklich deutlich. Denn alle Karts sehen sich dennoch ähnlich, und verhalten sich in allen Lebenslagen vollkommen identisch.
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Die Charaktere, allesamt toughe, sportliche Mädels, stehen quasi für die unterschiedlichen Obst- und Fruchtsorten: Apfel, Orange, Pflaume, Pfirsich, Erdbeere, Mango, Banane und so weiter. Entsprechend ist das Look and Feel der Damen angepasst. Das heißt, bei den Klamotten ist die eine eher rot gehalten, die nächste geht mehr in Richtung lila, die andere orientiert sich an Orange. Und ja, die Haut- und Haarfarben sind auch alle etwas anderes. Doch die Statur ist bei allen gleich - sie sind durch die Bank weg gleich: Keine ist dicker oder dünner, größer oder kleiner, schneller oder langsamer, kann besser oder schlechter driften...
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Die Spielmodi halten sich an die Standards, also Einzelnrennen, Grand Prix, Training, Time Trial und sogar ein Karriere-Modus ist enthalten - und bis auf die Karriere kann man sogar in allen Modi bis zu viert an den Start gehen - im Splitscreen an derselben Switch. Ein Online-Modus ist nicht vorhanden - oder zumindest noch nicht, denn er wurde für "kurz nach dem Launch" als Patch versprochen.
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Jedenfalls, auch während der Rennen macht All-Star Fruit Racing an und für sich eine gute Figur. Es gibt diverse Rennarten, wie unter anderem auch die Elimination, die Steuerung funktioniert wie sie soll, es gibt Items und die Strecken sind toll designed und weder zu leicht noch zu schwer aufgebaut. Aber warum kann man die Buttons nicht nach Belieben umbelegen? Wieso muss man mit ZR Gas geben und ZL driften, während auf R die Bremse ist? ABXY werden zwar auch genutzt, aber nur allein um die Itemauswahl zu ermöglichen. Das ist aber einerseits kaum nötig - siehe ein wenig weiter unten -, und andererseits ist es mir auch einfach egal gewesen, und ich würde lieber auf A Gas geben und mit ZR driften... Zur Not hätte man das Itemauswahl-Feature auch auf das Steuerkreuz umbelegen können.
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In der unteren Bildschirmecke ist die Item-Anzeige: Ein großes Fensterchen, mit vier kleinen Fensterchen drumherum Zuerst füllen sich die kleinen, entsprechend der Itemkapseln auf der Strecke. Die gibt es entweder in der bekannten ?-Form und man erhält einfach per Zufall ein Item. Oder auf der Strecke liegen Dutzende Kügelchen mit je Äpfeln, Kirschen, Melonen und dergleichen darin. Sammelt man also genug Apfel-Kügelchen, füllt sich das zugehörige Fensterchen und ist es voll, kann das passende Item daraus genutzt werden - sogar Kombinationen aus Items sind möglich.
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Gefällt mir diese Herangehensweise grundsätzlich sehr gut, ist die Umsetzung schwach. Denn ich habe während der Rennen kaum eine Differenz bei manchen Items ausmachen können. Es gibt die klassischen Itemtypen, wie Turbo, jemanden abschießen, ein Hindernis nach hinten fallen lassen und ähnliches, nur hat es den Anschein, dass, wenn man selbst ein Item abbekommt, es fatal ausgeht, also man verliert viel Zeit und landet im Mittel- oder hinteren Feld, aber wenn die CPU ein Item abbekommt, scheint das nicht viel auszumachen. Es ist beinahe, als wären die Items Makulatur. Im Besonderen beim Turbo: Hin und wieder scheint der Wagen für einige Augenblicke wirklich stark zu beschleunigen, doch die meiste Zeit ist es, als passiere rein gar nichts und diese Staubpartikel und Hohe-Geschwindigkeit-Streifen an der Seite sind zum Angucken, weil es nicht wirklich schneller voranzugehen scheint.
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Gleichsam ist es ein Riesenproblem, irgendwo hängenzubleiben, herabzufallen oder von gegnerischen Items erwischt zu werden. Landet man nämlich hinten, gelangt man oft nicht mehr wieder unter die Top 5, geschweigedenn Top 3. Die CPU fährt bereits auf der einfachsten Stufe ziemlich gut, auf der mittleren ist es reichlich knackig, und auf der schweren - auweia. Ein Fehler und man kann das Rennen im Grunde direkt neustarten. Das aber ist erfreulicherweise problemlos machbar. Egal, wo man sich gerade in einem Grand Prix befindet - entschließt man sich, ein Rennen abzubrechen und neuzustarten, bleibt der bis dahin erreichte Fortschritt unverändert erhalten - alles, was geschieht, ist, dass das aktuelle Rennen nochmal beim 3...2...1-Countdown an der Ziellinie beginnt.
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Ansonsten hat All-Star Fruit Racing noch mit anderen Kinderkrankheiten zu kämpfen: Sehr lange Ladezeiten (vor jedem Rennen sind das immer zwischen 30 und 60 Sekunden!) - selbst dann, wenn man ein Rennen neustartet -, und ein Grand Prix kann schon mal unnötig andauern, weil eine Strecke aus 5 Runden besteht.
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TECHNIK
Mit anderen Worten: All-Star Fruit Racing fehlt es an Politur und Detailliebe. Denn, wie ich eingangs erwähnte, es wird auch viel richtig gemacht. Die Grafik ist sehr bunt und hat ein originelles Thema, das Streckendesign weiß zu gefallen, das Gameplay ist immer flüssig, die hawaiianisch angehauchte "Musik mit Pepp" macht gute Laune. Die Steuerung funktioniert wunderbar, auch das Driften klappt super und alle Controllerarten der Switch werden unterstützt. Und auch, wenn die Art der Tastenbelegung etwas ungewöhnlich ist und sich nicht ändern lässt, es liegt an mangelnder Liebe zum Detail - rein technisch ist alles in Butter.
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FAZIT
Bei All-Star Fruit Racing ist soviel Potenzial vorhanden. Das Look and Feel weiß zu gefallen, und wirklich alles, vom Ladescreen bis hin zu den unterhaltsamen und lehrreichen Obst- und Früchte-Infos, die ab und zu eingeblendet werden, werden dem "Fruit"-Thema mehr als gerecht. Für sich genommen macht auch das Gameplay Spaß und spornt zum Weiterspielen an. Aber alle Charaktere und Karts sind letztlich gleich, die Ladezeiten stören, das interessante Itemsystem wirkt unausgegoren und scheint gegen CPU-Gegner praktisch wirkungslos zu sein, und gegen die CPU anzutreten ist schon ab der mittleren Stufe kein Zuckerschlecken - ein Fehler und das Rennen ist dann oft schon verloren.
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Es wurde sehr viel in All-Star Fruit Racing integriert, aber nicht ordentlich ausgefeilt. Ja, All-Star Fruit Racing macht schon Spaß, aber bei einem Preis von 39,99€ und derartig viel "Da hätte man noch...", muss man sich schon fragen, warum man nicht gleich 10€ drauflegt und zum Platzhirsch greift? Selbst der bald nachgepatchte Online-Multiplayer wird da sicher nicht viel dran ändern.
Jörg Singleplayer: 67%
Multiplayer: 69%


Verfasst von Jörg am 18.07.2018,
bemustert durch Kartridge
für bis zu 4 Person/en
Release am 13.07.2018