Cover: Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen KöniginES GEHT ANS HERZ
Der Junge Oliver verliert nach einem tragischen Unfall seine Mutter. Noch in seiner Trauer gefangen, erwacht sein Stofftier zum Leben, stellt sich kurzerhand als Tröpfchen, dem großen Großfürsten der Feen, vor und sieht in dem armen Jungen den außerwählten Reinherzigen, der seine Welt vor dem finsteren Magier Shadan retten kann. Er überzeugt Oliver, durch die Möglichkeit seine verstorbene Mutter eventuell von den Toten zurückholen zu können.

Hauptaugenmerk des angehenden Magiers sind die Herzen anderer Menschen. Diese wurden durch Magie gebrochen und manchmal sogar verschlossen, was sich im fremdartigen Verhalten des Opfers äußert. Olivers Aufgabe ist, die Herzen seiner Mitmenschen wieder zu vervollständigen. Dafür leiht er sich entsprechende Attribute wie Mut, Enthusiasmus oder Güte von Freiwilligen. Manchmal ist auch notwendig, das jeweilige Pendant in der heimatlichen Parallelwelt aufzusuchen, um der Lösung nahe zu kommen. Doch auch andere Zauber werden zur Problembewältigung eingesetzt. Hierfür besitzt Oliver ein Zauberbuch mit dem Namen "Magischer Begleiter", welches über den Spielverlauf hinweg immer wieder mit neuen Seiten gefüllt wird. Diese reichen von Orts- und Kreaturenbeschreibungen, über neue Zauber- und Alchemieformeln, bis hin zu Kurzgeschichten.

KAMPFESKAPADEN
Größter Kritikpunkt ist für mich das Kampfsystem. Hier wurde eine Mischung aus Echtzeit- und Rundenstrategie mit einer gehörigen Portion Monsteraufzucht kombiniert, die an so manchen Stellen etwas zu viel Komplexität an den Tag legt. Oliver lernt mehrere Elementarzauber, welche eine kleine Vorbereitungszeit haben und MP verbrauchen. Zudem greift er aber auch physisch an oder wehrt eingehende Angriffe ab. Diese Aktionen haben eine gewisse Dauer, in welcher sie automatisch aktiv sind, ehe ich einen weiteren Befehl geben kann. Im Eifer des Gefechts lassen sich diese zwar abbrechen, doch haben Aktionen daraufhin einen Cooldown, ehe ich wieder auf sie zugreifen kann.
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Hinzu kommen allerdings noch die Vertrauten. Denn Oliver allein ist recht fragil und an seiner statt kommandiert er bis zu drei kleine Monster, die nochmals andere Fähigkeiten einsetzen können und verschiedene Merkmale aufweisen. Der Kniff ist hier allerdings, dass diese Vertrauten die HP und MP von Oliver teilen und lediglich ihre eigene Ausdauerleiste leeren, sodass ein steter Wechsel zwischen den Akteuren notwendig ist.
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Im Laufe der Handlung bekomme ich allerdings noch zwei weitere menschliche Mitstreiter, die ebenfalls jeweils drei Vertraute im Gepäck haben können. Diese agieren in einem gewissen Rahmen selbstständig, der allerdings selten sonderlich hilfreich ist. So lässt sich die Taktik nur während eines laufenden Kampfes ändern und entweder verbiete ich meinen Kollegen den Einsatz von Techniken oder sie fressen sich schneller durch ihre MP-Leiste, als ich gucken kann. Zwar lassen sich gefangene Monster durch Futter verstärken, ausrüsten und sogar weiterentwickeln - auch ein paar Reservekreaturen darf ich jederzeit mit mir führen - aber diese ganzen Systeme wirken stark nach zu viel des Guten.
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Die Kämpfe selbst weisen dabei ebenfalls häufig lächerlich hohe Schwierigkeitsspitzen auf. Einmal ein neues Gebiet betreten und die gute, alte Hau-drauf-Taktik funktioniert nicht mehr. Durch unglückliche Umstände ist es sogar unnötig oft möglich, an irgendwelchen Standardmobs zu sterben. Zudem kommen manche Bosskämpfe sehr unverhofft und plötzlich, sodass ich jedem ans Herz legen möchte, das Spiel regelmäßig zu speichern - was abgesehen von ein paar Arealen glücklicherweise immer aus dem Menü heraus möglich ist. Oder man stellt auf den leichten Schwierigkeitsgrad um. Das sollte die Frustgrenze ebenfalls ein wenig senken.
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VERTRAUTE WELT
Anders als die Remastered-Version für die PlayStation 4, handelt es sich bei Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin für die Nintendo Switch um einen reinen Port der Ursprungsfassung. Dennoch macht das Spiel eine ungemein gute Figur - besonders im Handheld-Modus. Die Cel-Shading-Grafik sieht immer noch hübsch aus, die Musik ist traumhaft und die eingestreuten Anime-Sequenzen stehen in tradioneller Ghibli-Manier. Auch die Lokalisation ist - typsich für Spiele von Level-5 - sehr gut gelungen, auch wenn ich anmerken muss, dass viele Namen von Orten und Charakteren ausgetauscht wurden. Das macht sich besonders in der hochwertigen, englischen Sprachausgabe bemerkbar. Doch auch wer die japanischen Stimmen wählt, wird unweigerlich darüber stolpern. Nichtsdestotrotz bestechen die deutschen Texte mit Wortspielen und Tröpfchens lachse Ausdrucksweise bietet immer wieder Grund zum Schmunzeln.
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Vom Gameplay her erinnert mich das Spiel stark an das damals zeitgleich in Entwicklung befindliche Yo-Kai Watch. So sehe ich starke Parallelen in den umfangreichen Nebenquests, der Minikarte oder schlicht in der Bewegung durch die lebendig wirkenden Städte. Auf den Anschlagtafeln teilen NPCs ihre kleinen Wehwehchen mit, die es zu lösen gilt und auch ein paar spezielle Monster lassen sich in der Wildnis erjagen. Diese Nebenaufgaben werden mit einer gewissen Anzahl Stempeln belohnt, die sich wiederum für spielerische Boni eintauschen lassen. Der Alchemiekessel erlaubt es, mit diversen Rezepten herumexperimentieren und die Monsterzucht, sowie das Vervollständigen des magischen Begleiters, erwähnte ich ja bereits im Ansatz. Somit gibt es auch neben der umfangreichen Hauptgeschichte einige Ablenkung.
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FAZIT
Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin ist nach wie vor ein unheimlich schönes Spiel. Das Kampfsystem ist allerdings sehr viel schwerer, als es durch die liebliche Präsentation den Anschein hat. Wer Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin noch nicht erlebt hat, darf ohne Bedenken zugreifen. Für Kenner des Originals bietet die Umsetzung jedoch nichts Neues.
Simon Singleplayer: 85%

Verfasst von Simon am 24.09.2019,
bemustert durch Bandai Namco
für bis zu 1 Person/en
Release am 20.09.2019