Cover: SyberiaIn Syberia spielt man die Anwältin Kate Walker, welche von ihrer Kanzlei in das ferne Dorf Valadilène geschickt wird, um dort den Kauf einer Automatenfabrik abzuschließen. Diese Aufgabe entpuppt sich jedoch durch den unvorhergesehenen Tod der Inhaberin als deutlich komplexer als erwartet und nun heißt es für Kate, den Bruder der verstorbenen Anna Voralberg, welcher gleichzeitig auch der Erbe der Automatenfabrik ist, zu finden.

Man wird durch einige Teile Europas reisen, sowie mit vielen Charakteren Konversationen führen, während sich die Handlung entfaltet. Doch tatsächlich steckt viel mehr hinter dieser recht simplen Prämisse, weshalb es sich so anfühlt, als wäre die Protagonistin Teil einer deutlich größeren Verschwörung, die es aufzuklären gilt.

Wie diese sehr interessante Handlung erzählt wird, ist den Leuten bei Microïds größtenteils gut gelungen: Es baut sich ein regelrechtes Mysterium um Hans Voralberg auf, welches Stück für Stück größer wird und letztendlich auch eine befriedigende Auflösung bietet. Das einzig unangenehme stellen diverse Telefonate da, welche zufällig auftreten, wenig zur Handlung beitragen und das Spiel eher ausbremsen. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte wahrscheinlich die größte Stärke dieses Spiels.
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Gameplay und Steuerung
Syberia ist ein waschechtes Adventure, wie man es von Entwicklern wie Lucas Arts oder Sierra gewohnt ist. Man läuft in starren Umgebungen herum, sucht dort nach teils schwer zu erkennenden Hotspots, mit welchen man interagieren kann und löst an selbigen Rätsel, wenn man nicht gerade einen Gegenstand dort findet. Ziemlich genau aus diesen zwei Entitäten bestehen die meisten Syberia-Rätsel: Kombiniere Gegenstand A mit Hotspot B, was also bedeutet, dass man als erfahrener Spieler durch diese rudimentären Denksportaufgaben nicht wirklich gefordert wird.
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Abgesehen davon wird man mit diversen NPCs sprechen, um Hinweise für die Überwindung bestimmter Hindernisse oder Exposition zur Ausgangssituation zu erhalten. Auch wenn die meisten dieser Charaktere irgendetwas zum Spiel beitragen, so gibt es auch einige, bei denen man eher den Eindruck gewinnt, dass die Entwickler einfach die Bildschirme etwas ausfüllen wollten, damit selbige nicht zu leer wirken. Es wird keine Karte angeboten, um sich in den einzelnen Arealen zurechtzufinden, was besonders ärgerlich ist, da die Übergänge zwischen zwei Bildschirmen manchmal nicht sofort ersichtlich sind und man diese nur zufällig entdeckt.
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Wenn man jedoch einmal nicht mehr weiter weiß, kann man jederzeit durch einen Druck auf die X-Taste einen Blick auf die derzeitigen Zielsetzungen werfen, was dem allgemeinen Überblick zwar hilft, aber manchmal die Lösung von bestimmten Puzzeln vorweg nimmt. Beispielsweise entdeckt man irgendwann eine Waage, auf welcher auf einer Seite ein Ei gelegt ist. Sollte man nun die X-Taste drücken, wird dort bereits angegeben, dass man ein zweites Ei finden muss, um der Waage einen Ausgleich zu geben.
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Gesteuert wird Frau Walker durch die Betätigung eines beliebigen Analogsticks und beim Drücken einer der Schultertasten beginnt sie zu rennen, um sich schneller über die jeweiligen Bildschirme zu bewegen. Alternativ bietet die Version auf Nintendos Switch auch die Möglichkeit, das komplette Abenteuer auf dem Touchscreen zu erleben, wodurch der Mauszeiger - da dieses Spiel eigentlich als Point-and-Click-Adventure entwickelt wurde - durch eine Berührung des sensitiven Bildschirms ersetzt wird. Tatsächlich ist diese nette Geste der Entwickler ausgesprochen gut umgesetzt, weshalb man die Möglichkeit geboten bekommt, die 9-12 Stunden lange Reise so zu bestreiten, wie man es präferiert.
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Ästhetik und Technik
Da Syberia erstmals vor über 15 Jahren auf dem PC erschien, kann man keine technische Meisterleistung erwarten. Es wurde sich zwar sichtlich Mühe gegeben, um einige Texturen sowie Charaktermodelle für eine neue Grafikära aufzupolieren, aber die recht farblosen Hintergründe haben nach wie vor eine geringe Auflösung und die Animationen der Charaktere wirken steif, fast schon wie Roboter. Bei den sogenannten "Automaten", welchen man in diesem Abenteuer begegnet, ist dies zwar schon ein wenig charmant, aber Menschen wie Kate selbst wirken dadurch eher hölzern.
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Ganz allgemein wirkt diese Software durch ihr Alter etwas unsauber. Bestimmte Übergänge zwischen einzelnen Bildschirmen lassen sich schwierig auslösen und manchmal ist es auch so, dass Konversationen mit NPCs gar nicht beginnen oder für einen Moment stocken. Zwar bin ich in meiner Spielzeit keinem Spielfehler begegnet, der als "gamebreaking" einzustufen wäre, aber ich kann nicht leugnen, dass durchaus Kinderkrankheiten existieren und diese manchmal aus der Immersion des Spiels herausreißen.
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Glücklicherweise ist die Akustik, welche die Atmosphäre von Syberia wundervoll untermalt, deutlich besser weggekommen. Zwar gibt es geringe Variation im Soundtrack, aber die Musik ist nichtsdestotrotz schön komponiert und gibt einen eher melancholischen Ton an, der sich aufgrund des Todes der hoch angesehenen Anna Voralberg durch weite Teile des Spieles zieht. Des Weiteren sind auch alle Dialoge ordentlich auf Deutsch übersetzt und eingesprochen worden. Zwar handelt es sich hierbei um keine kinoreife Synchronisation, aber die Persönlichkeiten der einzelnen Figuren wurden angemessen in die deutsche Sprache übertragen.
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Fazit
Syberia ist sicherlich kein Spiel für jedermann. Wer über die simplen Rätsel und die - durch das Alter der Software begründeten - technischen Mängel hinwegsehen kann, wird eine interessante und packende Geschichte erleben, die man nicht mehr so schnell vergessen wird. Wer jedoch seinen Fokus eher auf das Gameplay legt, wird mit Syberia nicht besonders viel Spaß haben.
Sven Singleplayer: 58%

Verfasst von Sven am 03.02.2018,
bemustert durch Anuman
für bis zu 1 Person/en
Release am 20.10.2017