Cover: Tower Of TimeAls Kind betrat ich einen seltsamen Ort. Dort stand ein Thron aus reinem Kristall, der mir fortan nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte. Visionen und Albträume plagten mich und trotzdem gelang ich es mir, mir einen hohen Posten in der königlichen Armee zu erarbeiten. Nun kehre ich als Befehlshaber und einer Hand voll Soldaten zurück in diesen Turm, der sich statt hinauf in den Himmel tief in die Erde bohrt - und nehme Platz auf jenem strahlenden Thron. In den Stockwerken tief unter mir liegen die Antworten auf meine Fragen. Ich muss sie mir nur holen lassen.

Tatsächlich spricht Tower Of Time mich regelmäßig mit 'Du' oder 'Ihr' an. Ich nehme eine feste Rolle in der Welt ein, gehandelt wird allerdings größtenteils von meinen Gefolgsleuten - für mich. Zu Beginn zwei alte Vertraute vom Königshof, später aber sieben wählbare Figuren unterschiedlicher Rassen und Spezialisierungen. Dadurch entsteht eine Gruppendynamik, die sich mit den Hochzeiten der Forgotten-Realms-Games messen kann. Die stimmigen Beschreibungen und Dokumente schaffen dabei eine dichte Atmosphäre. Englische Sprachausgabe gibt es zwar nur selten für gewisse Sequenzen, aber die deutsche Untertitelung ist gelungen. Auch wenn ich hier und da einen Tippfehler ausmachen kann.

Bei der Erkundung der einzelnen Stockwerke lese ich allerlei Gold auf, mache mir ein Bild von der untergegangenen Zivilisation und stolpere über Fallen und Gegner. Unter den wachsamen Augen des Turmavatares, quasi eine Verkörperung des Turmes, versuche ich in der Rolle meiner Champions immer weiter voran zu kommen. Diese kampferprobten Recken gewinnen keine Erfahrung durch das Erledigen von Monstern. So ist das Ausrüsten von besseren Waffen und Rüstungen, sowie deren Verzauberung und Erweiterung ausschlaggebend.
Screenshot Screenshot
In der jederzeit erreichbaren Stadt unweit des Turmes investiere ich mein Gold in den Ausbau von Schmieden und Waffenkammern. Aber auch in Kasernen und Magierstuben, um die Grundattribute meines Gefolges zu steigern und neue Fähigkeiten freizuschalten oder bereits bekannte Techniken zu modifizieren.
Screenshot Screenshot
Dieses umfangreiche System muss natürlich auch gegen Skelette, Ghoule, Orks und andere Probleme eingesetzt werden. Begegne ich Feinden, finden sich meine Champions in eine Art Arena wieder. Hier kommen aus Toren eine vorher bestimmte Anzahl an Gegnern und ich muss sie alle ausschalten. Meine Figuren und deren vier aktive Skills wollen dabei strategisch klug eingesetzt werden. Tanks an die Front, Fernkämpfer und Magier flankieren. Hier beschwöre ich eine Mauer um die Nachhut abzuschneiden, dort stelle ich eine Falle auf, und da drüben könnte ich ein Heiltotem platzieren.
Screenshot Screenshot
Die Möglichkeiten werden immer zahlreicher, ebenso wie die Herausforderungen. Zur besseren Planung sehe ich vor jeder Begegnung genau, mit wem ich es hier zu tun bekomme und was eventuelle Bedingungen für den Kampf sind. Dadurch kann ich meine Strategie im Vorfeld darauf anpassen. Das ist im späteren Spielverlauf und auf den höheren Schwierigkeitsgraden unabdingbar. Letzterer lässt sich jederzeit in fünf Abstufungen einstellen.
Screenshot Screenshot
Doch so sehr ich das auch alles genieße, irgendwie hat es zwischen mir und Tower Of Time nicht gefunkt. Die ständigen Ruckler und Framedrops kann ich dabei durchaus noch verkraften. Doch bei mir wollte einfach nicht so recht Immersion auftreten. Das liegt vielleicht an der gewöhnungsbedürftigen Darstellung meiner eigenen Hauptfigur, die das Geschehen von ihrem Thron aus lenkt. Ich weiß doch, dass ich vor dem Bildschirm derjenige bin, der andere Leute kontrolliert... Neue Gruppenmitglieder werden durch Intros eingeführt, dies wird allerdings durch eine Ladezeit unterbrochen, ehe ich den Text lesen kann. Somit ist der neue Charakter einfach da und ich muss gucken, wie ich klarkomme.
Screenshot Screenshot
Dann ist da noch der Wechsel von der direkten Steuerung beim Erkunden auf die indirekte Steuerung im Kampf, und generell haben mich diese ausgesonderten Kampfareale jedes Mal herausgerissen. Und die Steuerung in den Kämpfen erfordert Multitasking. Beide Analogsticks, Schultertasten und Facebuttons sind zu bedienen... Es gelang kaum, das alles ohne dauerndes Pausieren des Geschehens und Kontrollieren, was ich nun drücke, von der Hand zu kriegen.
Screenshot Screenshot
FAZIT
Mit überzeugendem Worldbuilding, ausufernder Spiellänge und gehöriger Herausforderung gelingt es Tower Of Time, zu überzeugen. Technisch hinkt es etwas, aber das ist gut verschmerzbar, doch reißen einige Designentscheidungen leider regelmäßig aus der Immersion. Für Fans von High-Fantasy-RPGs durchaus eine Reise wert.
Simon Singleplayer: 68%

Verfasst von Simon am 08.07.2020,
bemustert durch Digerati
für bis zu 1 Person/en
Release am 25.06.2020