Cover: TurtlePop: Reise in die FreiheitTurtlePop ist echt zuckersüß. Gleich die ersten Bilder sind farbenfroh und auch die Begrüßung von Sparky ist zum Knuddeln. Die Story, so niedlich sie auch geschildert wird, ist zwar Standardkost (wir befreien Sparkys Freunde), aber dennoch macht allein diese kleine Anfangssequenz Lust auf mehr. Dies bestätigt sich auch in den ersten beiden Leveln. Ein sehr solides Jump 'n Run, deren Kernmechanik es ist, in den Leveln die oft versteckten Freunde von Sparky zu finden.

Ist das geschehen, wird ein solcher Freund spielbar. Nun kann man via Tastendruck zwischen allen aktuell spielbaren Charaktere wechseln und diese in beliebiger Reihenfolge ins Ziel bringen. Völlig beliebig allerdings auch wieder nicht, da es manchmal notwendig ist, dass die Freunde sich in gegenseitig unterstützen, damit sie vorwärts gelangen können. So muss Freund A irgendwas betätigen, damit Freund B einen Weg passieren kann.

Auch können alle aktuell spielbaren Charaktere gleichzeitig gesteuert werden - es findet also keine Fokusänderung für die Steuerung statt, sondern alle reagieren nun vollkommen simultan auf die Eingaben. Das ist je nach Situation sinnvoll, oder praktisch, oder auch unabdingbar. Allein diese Gameplay-Mechaniken erlauben viel Variation und verknüpft so geschickt das Jump 'n Run mit dem Rätselgenre.
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Doch bald kommen zwei weitere Elemente hinzu, die alles unnötig verkomplizieren und den Spielspaß stark ausbremsen. Für die in den Leveln auffindbaren Sterne und Monde können Sammelkarten gekauft werden. Diese gewähren bestimmte Vorteile. Bedingen aber vor allem, dass der sogenannte "Schildkrötenmodus" aufgewertet wird. Der Schildkrötenmodus wird im Level aktiviert, und eine in einer Nussschale, die an einem Ballon hängt, schwebende Schildkröte wirft auf Buttondruck Items herab - erinnert sehr an den guten, alten Lakitu. Diese Items können wir einsammeln - und müssen wir oft sogar einsammeln. So verhilft uns das Melonenstück zum Beispiel zu verbesserter Sprungkraft. Wir können also weiter und höher springen. Hin und wieder ist das gut, wenn man einfach nur neugierig ist und wissen möchte, ob irgendwo vielleicht ein Geheimnis auf seine Entdeckung wartet. Aber häufig ist das notwendig, weil man sonst nicht vorankommt.
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Allerdings ist die Wirkung der Melone nur von sehr kurzer Dauer, weshalb Beeilung angesagt ist. Und so entsteht unnötige Hektik, die fast immer dazu führt, dass man nur noch Blödsinn macht und es vergeigt. Aber nicht durch Zeitdruck, sondern durch eine vermasselte Steuerung, die für Chaos sorgt. So dient A zum Springen, aber auch zum Bestätigen, wenn man den Schildlrötenmodus aktiviert hat. Das Steuerkreuz oder der linke Analogstick andererseits bewegt den Charakter, beziehungsweise bewegt das Fadenkreuz, um festzulegen, wohin das gewünschte Item jetzt geworfen werden soll, wenn der Schildkrötenmodus aktiv ist.
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Man läuft und springt also durch einen Level, aktiviert den Schildkrötenmodus, bewegt das Fadenkreuz, drückt A, verlässt den Schildkrötenmodus wieder, läuft auf die Melone zu, verputzt sie und springt anschließend. Soweit die Theorie. Doch in der Praxis sorgt das für ein ziemliches Durcheinander, da viele Passagen so gestaltet sind, dass viele schnelle Schildkrötenmodus-Wechsel notwendig sind - nicht zu vergessen genaue Sprungmanöver. Wenn oben also der Timer, der an und für sich sehr großzügig ist, runterläuft, aber man wieder und wieder es nicht schafft, korrekt zu springen, der Meloneneffekt alsbald verpufft, man erneut in den Schildkrötenmodus wechselt, um eine weitere Melone werfen zu können, und man wieder nicht den gewünschten Punkt per Sprung erreicht, und dann die Wirkung der Melone schon wieder vorbei ist... dann ist man nicht nur verärgert, sondern man macht nur noch Murks, weil man bei der andauernden Switcherei zwischen "Normal" und "Schildkrötenmodus" rasch den Überblick verliert, das eine mit dem anderen verwechselt. Man will also springen, wirft aber eine Melone, man will das das Fadenkreuz bewegen, aber man rennt schnurstracks in eine Schlucht... Wenn man dann noch zwischen den Items wechseln wollte, aber stattdessen den Fokus der Steuerung auf eine andere Schildkröte änderte... ahhhh! Da kriegt man ruckzuck mal die Pimpanellen! Und man ist in der Tat jedes Mal heilfroh, einen Level endlich geschafft zu haben und käme im Leben nicht auf den Gedanken, ihn nochmal zu spielen, um eine bessere Punktzahl zu erlangen, oder noch mehr von Sparkys Freunden darin zu finden.
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Doch es wird nochmals komplizierter, wenn die anderen Items hinzukommen, wie die Bomben, die unter anderem Blöcke wegsprengen können - ähnlich wie Bob-ombs. Nur, dass die Bomben uns selbst ebenfalls schaden, wenn wir in ihrem Detonationsradius stehen - was aber allzu häufig geschieht, weil man ja nebenbei auch noch den Meloneneffekt braucht, da man, nachdem der Block weggesprengt wurde, jetzt auch noch schnell und hoch weiterspringen muss. Katastrophenalarm! Bereits in Level 5 der ersten Welt hatte ich arge Probleme ins Ziel zu kommen, weil es schlicht und ergreifend zu fummelig wurde und ich drauf und dran war, mir Daumen und Zeigefinger zu verknoten.
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Dass ich bis hierher so viel über die Steuerung schrieb, ohne eigentlich wirklich was über das Spiel zu schreiben, liegt daran, dass das Spiel stark unter der Steuerung leidet. Wäre TurtlePop einfach nur ein Jump 'n Run, wäre alles in Butter und die Kaufempfehlung wohl sicher. Doch das Leveldesign ist auf den Schildkrötenmodus ausgelegt, also kommt man nicht um ihn herum, muss sich ständig ärgern und unzählige Male eigentlich simple Passagen neustarten. Und abermals schwurbeliger wird es, wenn die Level kommen, in denen Autoscrolling eine Rolle spielt - dann werden Schimpfworttiraden Tür und Tor geöffnet!
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Abseits von der Schildkrötenmodus-Problematik ist das System mit den Karten unnötige Spielerei. Es gibt nichts, das tatsächlich dazu motiviert, alle Karten zu ergattern, oder diese gar auf Maximum zu leveln - wenn man davon absieht, dass es in Einzelfällen notwendig ist, weil man einige Karteneffekte zwingend für den Schildkrötenmodus benötigt, um weiterkommen zu können. Doch hätte das sicherlich auch anders gelöst werden können - ebenso wie der Schildkrötenmodus, bei dem beispielsweise Power-ups an entsprechenden Stellen platziert hätten werden können, die man bei Bedarf aufsammelt. Ferner ist die ganze Kartenverwaltung umständlich und unübersichtlich.
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Doch auch hier endet es nicht! In vielen Leveln sind kleine "3 gewinnt"-Rätsel, die den Weg erst mit der Zeit freigeben, sodass man gezwungen ist, sie zu spielen. Nur macht das einerseits keinen Spaß, und hält andererseits nur auf und will einfach nicht aufhören. Manche dieser Rätsel dauernd viele, viele Sekunden an und es geht einfach nicht weiter, weil sie den Weg versperren.
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FAZIT
Die Grafik ist toll, die Musik auch, Sparky und Freunde lassen sich - grundsätzlich - prima steuern, selbst der Umfang ist beachtlich. Es gibt über 100 Level, die sogar kooperativ zu zweit gespielt werden können. Außerdem ist ein Mehrspielermodus für bis zu vier Personen enthalten, der allerdings Level aus dem Abenteuer nutzt...
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Doch hilft das alles nichts. TurtlePop steht sich selbst im Weg. Zu viele verschiedene Ideen wurden verquickt, die nicht miteinander harmonieren wollen und können.
Jörg Singleplayer: 52%
Multiplayer: 50%


Verfasst von Jörg am 12.03.2018,
bemustert durch MSM
für bis zu 4 Person/en
Release am 09.03.2018