Cover: Ys OriginIch bin nicht sicher, ob ich Ys Origin als Action-RPG, als Hack 'n Slay oder als beides deklarieren soll. Mich jedenfalls hat es immer wieder sehr an Diablo erinnert, sowohl spielerisch, als auch beim Spielspaß. Wir wählen Yunica Tovah oder Hugo Fact als unseren Charakter. Beide spielen sich im Kern ähnlich, unterscheiden sich aber taktisch. Yunica ist mehr auf Nahkampf ausgelegt, Hugo mehr auf Distanzangriffe. Als Bonus können wir als dritten im Bunde noch Toal Fact freispielen.

Haben wir uns entschieden, müssen wir uns einen hohen Turm mit jeder Menge Ebenen von unten nach oben durchschnetzeln. Auf jeder Ebene warten stets stärkere Gegner darauf, von uns die Hucke vollgehauen zu bekommen. Dummerweise erwehren sie sich ihrer Haut, weswegen wir geschickt agieren müssen, wenn wir uns von Ebene zu Ebene kämpfen, Schalter-Rätsel lösen, Schlüssel finden wollen.

Es beginnt mit einem kurzen Tutorialübungsbereich. Y für Standardangriffe, X für einen kurzzeitigen Boostmodus und A oder ZL für sogenannte MP-Attacken - ein kurzer Druck führt die brauchbare Basisversion aus, doch halten wir den Button gedrückt und lassen nach einer kurzen Aufladephase los, geht die Post ab und wir machen mächtig Schaden. Damit verbunden ist natürlich eine Cool-down-Zeit und eine MP-Leiste, die sich bei jedem Einsatz etwas leert und nur einigermaßen langsam wieder von selbst füllt. Auch finden wir immer mal wieder bessere Waffen und Ausrüstung oder Items, die uns beispielsweise dazu befähigen, einen Doppelsprung auszuführen.
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Wir vermöbeln also jede Menge Gegner, bahnen uns einen Weg durch die leicht labyrinthartige Struktur des Turms, verbessern uns stetig und leveln auf, wodurch sukzessive wir mehr HP, Ausdauer, Stärke und so weiter erhalten. Für zusätzliche Boni hinterlassen besiegte Gegner nicht nur Erfahrungspunkte für besagte Level-ups, sondern kleine Kristallsplitter. Für mehrere hundert von ihnen können wir uns an den Save-and-Refresh-Statuen Power-ups kaufen. Stacheln fügen uns weniger Schaden zu, unsere Rüstung wird verbessert, wir verbrauchen weniger MP, oder oder oder. Die Möglichkeiten sind sehr zahlreich.
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Der Gameplay-Loop von Ys Origin macht richtig Spaß. Und damit der Gameplay-Loop aus endlosem Niederstrecken von Gegnern nicht öde wird, lockern Boss-Kämpfe das Ganze etwas auf. Allerdings sind eben jene Boss-Kämpfe spürbar schwerer als ein Raum voll mit einem Dutzend normaler Gegner. Wir müssen hier nämlich zuerst Schwachpunkte und Verhaltensmuster erkennen, lernen, wann wir passiv oder defensiv agieren, und wann wir wo und wie anzugreifen haben. Und selbst dann ist ein Boss nicht in 2 Minuten erledigt. An einigen kann man durchaus auch schon mal 15 oder noch mehr Minuten pro Versuch sitzen, weil sie viele Treffer aushalten und uns andererseits viel Schaden zufügen, wenn sie uns erwischen. Nicht zu vergessen, dass es mitunter viele Versuche dauern kann, nein wird, bis ein Boss besiegt wurde. Der ohnehin bereits schon auf "Normal" nicht zimperliche Schwierigkeitsgrad zieht bei den Bossen deutlich an, und je weiter oben wir im Turm ankommen, desto fieser und ausdauernder werden sie.
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Sind wir auf der Ebene "Rados Annex" angekommen (das ist grob bei der Hälfte der Spielzeit), dreht Ys Origin erst richtig auf und das Vorankommen wird teils zäher. Denn zum Einen ist der Boss hier so ausgelegt, dass wir immer nur wenig Schaden anrichten und für jeden unserer Angriffe ein Weile warten müssen. Zum Anderen müssen wir dann gegen drei stärkere Gegner kämpfen, die offenbar sehr viele Hitpoints haben, aber von uns immer nur seeeehr wenige Schadenspunkte kassieren, obwohl wir durchaus schon ordentlich gelevelt haben. Sie zu erlegen dauert pro Gegner mehrere Minuten der immer selben Bewegungsabläufe. Dummerweise stehen diese Gegner aber auch dann immer wieder auf und wir müssen sie erneut besiegen. ...es sei denn, wir schauen uns unser Inventar einmal genau an und überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, bestimmte Items anzulegen. Ich kam erst nach viel Augenrollen und einer Internetrecherche dahinter, dass diese Gegner von Natur aus so wenig Schaden nehmen und was zu tun ist, damit sie nicht immer wieder aufstehen.
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Danach wird es zwar wieder flüssiger, aber dennoch halten wir uns fortan auf jeder neuen Ebene spürbar länger auf, als bislang gewohnt, und auch die "Game Over, am letzten Savepoint neu starten"-Momente häufen sich merklich. Ist die zusätzliche Herausforderung in Ordnung, ja sogar durchaus willkommen, gibt es nun auch hin und wieder unfaire Situationen, wie schmale Passagen, die wir durchqueren müssen, aber da sind drei fette Gegner, die uns ständig für jeden erkämpfen Zentimeter wieder fünf zurückdrängen, denn wir kommen an denen einfach nicht vorbei, weil kein Platz dafür ist. Ohne etwas Glück hier und dort geht es dann einfach nicht. Und das frustriert mitunter.
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TECHNIK
Obwohl Ys Origin bereits 2006 ur-erschien, also technologisch nicht state of the art ist, klingt es super und schaut toll aus. Die treibende, oft sehr rockige Musik liefert den optimalen Soundtrack für das immer wiederkehrende Niedermähen der Gegnerscharen. Dazu die hübsch gezeichneten und schick animierten Gegner, NPCs, Umgebungen, gepaart mit den Effekten, wenn wir unsere voll aufgeladenen MP-Attacken entfesseln. Sicher, wirken manche Objekte ein wenig pixelig, aber das fällt selten auf, weil sowieso immer alles in Bewegung ist - und das übrigens absolut flüssig; es hat kein einziges Mal gestottert oder gelaggt! Dass die Steuerung sehr responsiv ist und man eigentlich nur drei Buttons und den Analog-Stick benötigt, sorgt dafür, dass die ganze Action jederzeit gut von der Hand geht und man intuitiv mit seinen Attacken oder Ausweichmanövern umgehen kann.
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Der Umfang ist mit Pi mal Auge 8-10 Stunden pro Spieldurchgang ein Pluspunkt, schließlich werden insgesamt drei Charaktere zum Durchspielen geboten. Ob man allerdings mit allen Yunica und Hugo und Toal durchspielen wird, ist wohl der Lust auf Grinding geschuldet. Denn egal welcher Charakter, das Abenteuer unterscheidet sich dennoch nur marginal sehr voneinander - und am Ende des Tages hat man eben gegrindet, was das Zeug hält.
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FAZIT
Für mich, als Diablo-Fan der ersten Stunde, war Ys Origin beim ersten Mal durchspielen mit Yunica genau das Richtige; ein Spiel dieses Genres hatte ich schon lange nicht mehr auf dem Bildschirm flimmern. Auch, wenn der Schwierigkeitsgrad ab der oberen Turm-Hälfte einen gewaltigen Satz vorwärts macht, war meine Motiviation nie weg. Nach dem Absolvieren mit Yunica aber habe ich nur aus Neugier nochmal mit Hugo ein wenig reingespielt, hatte aber eben keine Lust mehr, das bisher Erlebte erneut zu erleben. Aber auch für Nur-einmal-Durchspielende lohnt Ys Origin sich allemal. Dicke Empfehlung meinerseits!
Jörg Singleplayer: 84%

Verfasst von Jörg am 17.10.2020,
bemustert durch Cosmocover
für bis zu 1 Person/en
Release am 01.10.2020