Cover: Monopoly StreetsBANKROTT
Das Gefühl, wenn jemand anderes auf die mit Häusern bebaute "Parkstraße" latscht und jetzt kräftig Miete abdrücken muss, ist einfach großartig, nicht wahr? Und wenn man damit sogar jemanden in den Bankrott treiben kann, macht das auch nicht gerade viele unglücklich, richtig? Fies ist aber, wenn man per Gemeinschafts- oder Ereignisfeldkarte plötzlich alle seine Straßen, Häuser und Hotels renovieren muss, gerade nicht flüssig ist, aber man dummerweise massig Gebäude besitzt...

Tja, das ist Monopoly: Man geht direkt ins Gefängnis und nicht über "LOS!", oder man rückt vor bis zur "Schlossallee", oder man gewinnt bei einem Schönheitswettbewerb und bekommt einen Geldpreis, oder die Einkommenssteuer wird gerade fällig...

Kann Monopoly Streets für die Wii die Fans für sich gewinnen oder die Nicht-Fans überzeugen...? Mal schauen!
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GRUNDSTÜCKE BEBAUEN
Ihr habt auf dem Bildschirm die Wahl aus mehreren Spielbrettern, bei denen das Geschehen in einer 3D-Umgebung stattfindet, aber das typische Spielgefühl trotzdem beibehält. So gibt es also luxuriöse Innenstädte, Winter-Spielbretter, Holz-Spielbretter, und, und, und, und natürlich auch das gute, alte, mintgrüne Standardspielbrett im klassischen 1:1-Look.
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Einziger kleiner Wehrmutstropfen ist hierbei, dass die Grundstücke auf jedem Brett unterschiedliche Bezeichnungen tragen. Die "Münchener Straße" oder die "Schloßallee" wird man deshalb nur in der Großstadt oder dem 1:1-Klassikerbrett vorfinden, nicht aber in Schnee und Eis, sondern man muss hier stattdessen mit Gletscher-, Frost- oder Eis-Bezeichnungen vorlieb nehmen. Das ist dann zwar durchaus authentisch, aber für diejenigen, die seit jeher mit den typischen Grundstücksnamen vertraut sind, in den ersten 30 Minuten schon ein wenig verwirrend. Eine Funktion, die wahlweise auch die üblichen Grundstücksnamen anbietet, wäre schön gewesen.
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Dafür ist das Gameplay bei jedem Spielbrett natürlich immer dasselbe und unterscheidet sich vom allseits bekannten Brettspiel auf dem Küchentisch nicht die Bohne. Alle vier Spieler/innen wählen ihre Spielfigur, wie etwa das Schlachtschiff, den Rennwagen, die Schubkarre, das Bügeleisen, usw., und rangeln dann darum, möglichst viele Grundstücke zu besitzen und sie mit Häusern und Hotels zu bebauen, damit die anderen Spieler/innen später dicke Mieten abdrücken müssen. Und wer irgendwann daran bankrott geht, scheidet aus.
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Sollten nicht genug menschliche Spieler/innen vorhanden sein, übernimmt der Computer diese, und hat jeweils drei KI-Stufen parat: Leicht, Mittel und Schwer. Das bedeutet, man kann auch ganz allein, oder auch zu zweit oder zu dritt antreten und der Computer übernimmt den Rest. Weniger oder mehr als vier Spieler/innen lassen sich allerdings einstellen und auch nicht irgendwie als Sonderoption freischalten.
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REGELSETS
Aber apropos "Mitspieler/innen": Es gibt wohl keine Monopolysession, in der nicht darüber diskutiert wird, dass diese oder jene Regel existiert oder nicht existiert, stimmt's? Ich jedenfalls hatte noch nie Monopoly ohne eine solche Debatte gespielt... ;) Bis jetzt!
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Denn Monopoly Streets bietet zum Einen die strikten Monopoly-Regeln, wie sie auch in jeder Brettspielanleitung erklärt werden, und zum Anderen noch mehrere vorgefertigte Regelsets, wie z.B. "Tempowürfel" (man würfelt mit drei Würfeln) oder "Bullenmarkt" (nach 20 Runden ist das Spiel vorbei; gewonnen hat, wer dann am reichsten ist).
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Wer aber mit den vorgefertigten Regelsets nichts anzufangen weiss, kann auch einfach die Regeln selbst bestimmen: Startkapital, Startgrundstücke, Bebauungsfaktoren, was kostet es, sich aus dem Gefängnis freizukaufen, wieviel Gehalt bekommt man beim Passieren von "LOS!", wann gilt das Spiel als beendet (nach Y Runden, nach erlangter Kapitalmenge Z, usw.), wieviele Häuser und Hotels können insgesamt gebaut werden, was passiert, wenn man auf "Frei Parken" kommt, etc., etc., etc... Sodass es keine Probleme machen sollte, sich mit seinen Mitspielern/innen vorab zu einigen, ohne lange darüber zu schwadronieren, welche Regeln es gibt und welche nicht.
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Wenn es dann losgeht, ist der Spielfluss schön flott. Wie bei Videospielen üblich gibt es zwar Animationsphasen der Spielfiguren, die eigentlich den Spielfuss etwas bremsen, doch können diese weggedrückt, bzw. in den allgemeinen Spieleoptionen von vornherein abgeschaltet werden - sehr löblich! Ansonsten gibt es nichts, was man vermissen würde: Jede Menge wählbare Spielfiguren, Spielbretter und Reglementierungen, die beliebig an- oder abgeschaltet. Ausserdem es gibt die charakteristischen Elemente wie Auktionen, Tauschgeschäfte, Verhandlungen, Hypotheken und so weiter. Kurz: Das Entwicklerteam hat an alles gedacht und nichts vergessen - sogar mit den Miis kann gespielt werden.
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PLASTIK-MONOPOLY-SPIELPÜPPCHEN
Ein wenig mehr Mühe hätte man sich aber bei einigen Kleinigkeiten geben können. So gibt es für jedes Spielbrett genau eine einzige Hintergrundmusik. Die sind zwar immer sehr nett anzuhören, aber die freie Auswahl über das zu spielende Stück wäre schon toll gewesen. Das heisst, wer mal was anderes hören will, muss auch ein anderes Spielbrett bespielen. Ein bisschen fehlen mir auch die alten Plastik-Monopoly-Spielpüppchen, die im Kern alle gleich aussahen, aber in mehreren Farbe vorlagen: violett, gelb, rot, blau, usw. Man dachte an die Spielfigürchen der Neuzeit (also Bügeleisen, Geldsack, Rennwagen, etc.), aber die alten Plastikklassiker hätte ich ebenfalls sehr begrüßt.
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Mag das aber noch eine persönliche Vorliebe sein, die relativ wenig Gewicht hat, ist da schon weit relevanter, dass die In-Spiel-Schrift durchaus um 2-3 Pixel größer/breiter hätte sein können. Denn sogar auf der großen und teuren HDTV-Glotze meiner Eltern mit hochwertigem Composite-Kabel war es besser, wenn ich meine Brille beim Spielen aufsetze, um alles lesen zu können.
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Ach ja, zum Thema "etwas größer": Manchmal möchte man sich vor Verhandlungen, Auktionen, Käufen oder Verkäufen schon ganz gern mal einen Überblick verschaffen, bekommt aber nur diese winzige Minikarte, die nicht mal ein Viertel des Bildschirms ausfüllt. Es gibt zwar die Möglichkeit, Feld für Feld über das Spielbrett zu scrollen, aber für einen vernünftigen Überblick langt das nicht und das Gescrolle dauert im Vergleich dazu auch recht lang, wenn man nur mal eben rasch die Map abchecken möchte.
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BANKIRRTÜMER ZU EIGENEN GUNSTEN
Schade ist auch, dass die Computerspieler je nach Schwierigkeitsstufe nicht unbedingt intelligenter oder irgendwie "aggressiver" spielen, sondern dass sie, wie es scheint, einfach entsprechend viel Würfelglück haben und bei einem Tauschhandel unverschämtere Verhandlungspartner sind. Dass die Schwer-CPU ihren "Opernplatz" nicht für'n Appel und 'n Ei hergibt, sondern sich den sehr teuer bezahlen lassen will, ist ja noch legitim, aber wieso latschte nur die Leicht-CPU auf meine mit Häusern und Hotels bebauten Grundstücke, doch die Schwer-CPU - und nicht unbedingt selten auch die Mittel-CPU! -, hatte immer genau soviele Würfelaugen, um davor, dazwischen oder dahinter zu landen?
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Auch finde ich, dass gerade die Schwer-CPU verdächtig oft bei den Ereignis- und Gemeinschaftskarten Dividenden, Steuerrückzahlungen, Bankirrtümer zu eigenen Gunsten, Schönheitswettbewerbspreise und dergleichen mehr einkassiert... Jedenfalls: Nach 2-3 Dutzend Stunden mit Monopoly Streets glaube ich nicht an sooo viele andauernd passierende Zufälle. OK, na klar, dadurch wird das Spiel schwerer und herausfordernder, zugegeben, aber manipuliertes Karte-zieh- und Würfelglück ist unfair und ich frage mich, wieso man den unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen der CPU-Spieler nicht z.B. einfach mehr Startkapital, einige Startgrundstücke oder verminderte Mietpreise verpasst hat.
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Der letzte Aspekt, den ich Monopoly Streets auf der Negativseite ankreiden möchte, betrifft den Mehrspielermodus im Allgemeinen. Dass man nicht mit mehr als 4 Personen antreten kann, ist ja noch in Ordnung, aber wieso kann man nicht alternativ die Wiimote herumreichen? Wieso muss man für alle Spieler/innen eine separate Wiimote bereitliegen haben?
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Und ganz besonders: Gerade bei Monopoly, wo es ohne Hektik zugeht, wären Lags und ähnliches überhaupt gar kein Problem gewesen. Wieso gibt es keinen Onlinemodus, Electronic Arts? Ich glaube allerdings, dass einer geplant war, oder, dass er wieder entfernt wurde. Denn man kann sich während des Spielens kleine Emoticons auf seinen Spieleravatar legen: ein Lach-Smiley, ein Grummel-Smiley, ein Böse-Smiley, etc. - aber was nützen diese Smilies, wenn die Mitspieler/innen sowieso direkt neben einem sitzen? Wer sollte sich da dann die Mühe machen, Zeit zu vergeuden, um auf diese umständliche Weise eine Emotion auszudrücken, die man auch verbal direkt und zutreffender mitteilen könnte?
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FAZIT
Monopoly Streets kriegt den Mix aus modern-bequemem Videospiel und klassichem Brettspiel sehr gut hin. Ich habe jetzt mehrere Spielesessions hinter mir und fühlte mich nie gelangweilt oder genervt, weil bei den Spielbrettern und den Regeln viel Abwechslung geboten wird. Und nebenbei hat man durch die Freischaltfunktion der weiteren Goodies auch noch jede Menge Motivation...
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Ich habe zwar in meiner Rezension vorallem das leicht manipulierte Würfelglück in die Kritik genommen und auch die etwas zu kleine Schrift erwähnt, aber letzten Endes wiederholen sich die Dialogtäfelchen ohnehin immer wieder, sodass man mit der Zeit nicht mehr wirklich liest, was da geschrieben steht, und ausserdem genügen die CPU-Schwierigkeitsstufen "Leicht" und "Mittel" im Grunde vollkommen, um seinen Spaß mit Computergegnern zu haben, und sich dabei herausgefordert zu fühlen, weshalb man hier ruhigen Gewissens ein Auge zudrücken kann, zumal man bei "Schwer" einfach nur etwas mehr mit seinem Geld haushalten muss, was eigentlich auch interessant ist ...und mit der etwas zu kleinen Übersichtskarte kann man sich mit der Zeit durchaus arrangieren.
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Wirklich negativ ist eigentlich nur, dass es keinen Onlinemodus gibt - dafür gibt es einen dicken Punktabzug in meiner Wertung. Für Solospieler/innen macht dieser durchaus gelungene Titel sehr viel Sinn (so kann man eben auch ganz allein Monopoly spielen), doch wieso sollten bei mehreren Personen alle Anwesenden vor der Glotze hocken, wenn man für dasselbe Geld auch das Brettspiel kaufen und dann direkt am Tisch spielen kann - und das sogar mit mehr als vier Personen? Da macht doch dann eigentlich nur die WiFi-Funktion was her, oder? Hier und da mal 2-3 Stündchen Monopoly mit nicht anwesenden Freunden oder Unbekannten spielen, eventuell sogar mit Voice Chat, das wäre es doch gewesen... Wieso nur hat man diese so offensichtlich sinnvolle Funktion nicht integriert? Wieso nur?
Jörg Singleplayer: 75%
Multiplayer: 72%


Verfasst von Jörg am 12.12.2010,
bemustert durch Electronic Arts
für bis zu 4 Person/en
Release am 04.11.2010