Cover: Temple of YogDas Spiel beginnt mit einigen vagen Sätzen bezüglich irgendeines Volkes und plötzlich ist man in einem Tutorial-Level. Mit dem Steuerkreuz oder dem linken Analog-Stick bewegen wir den Charakter und mit dem rechten Analog-Stick lassen wir den Charakter in die gedrückte Richtung Energiebälle (oder was auch immer es ist) feuern, um anzugreifen. OK, soweit erstmal alles verständlich und gut steuerbar. Mit ZL aktiviert man "Special" - und ich habe bislang (und ich spiele seit mehreren Stunden!) noch nicht rausfinden können, was genau das bringen soll. Der Charakter glüht etwas, aber es passiert sonst einfach gar nichts weiter. Niemand nimmt Schaden, nichts geht kaputt... Es passiert nichts.

Mit ZR wechselt man in die sogenannte Shadow World (zu Deutsch: Schattenwelt). Das heißt, auf dem Fernsehgerät sehen wir stets die normale Welt, während auf dem GamePad jederzeit die Shadow World zu sehen ist. Unser Charakter kann allerdings immer nur in einer Welt zugleich sein, das heißt, er materialisiert sich per ZR entweder in die Schattenwelt und verschwindet solange aus der normalen Welt - oder umgekehrt. Der Aufbau beider Welten ist immer sehr ähnlich, unterscheidet sich aber an mehreren Stellen doch genug, um zu erzwingen, dass man regelmäßig zwischen den Welten wechseln muss. Wo in der normalen Welt ein Hindernis ist, ist es in der Schattenwelt manchmal nicht vorhanden. Dasselbe gilt für Gegner; davon gibt es übrigens haufenweise, darum sollte man niemals einfach so beliebig zwischen den Welten hin- und herspringen, denn die Möglichkeit, dass man plötzlich von irgendwas angegriffen wird - oder man gar direkt auf einem Gegner erscheint -, ist immerzu gegeben.

Wir haben jetzt also gelernt, wie wir den Charakter bewegen und ihn Gegner angreifen lassen. Und wir wissen auch, dass wir uns ständig zwischen zwei Welten bewegen müssen, um weiterzukommen. Aber weiterkommen wobei? Und wieso eigentlich? Auch das habe ich bisher noch nicht wirklich herausgefunden. Ich weiss nur, dass es in jedem Level diese zwei Welten gibt und dass jeder Level irgendwo in einer der beiden Welten einen Ausgang hat, der uns direkt zum Eingang des nächsten Levels beamt. So ackern wir uns mehr und mehr durch die Level und betreten Ausgang um Ausgang...
Screenshot Screenshot
Ist das schon alles? Klingt doch witzig - oder nicht!? Scheint ein Dungeon-Crawler zu sein - und Dungeon-Crawler machen in aller Regel Spaß - oder nicht!? Nun, also ja! Dungeon-Crawler machen in aller Regel Spaß, aber Temple of Yog vergeigt es total! Denn der Schwierigkeitsgrad ist sowas von derbe hoch, dass es fast schon als grausam zu bezeichnen ist - DAS wäre allerdings nicht mal das eigentliche Problem, denn dieses lautet ganz schlicht und ergreifend, dass Temple of Yog obendrein unwahrscheinlich kryptisch ist, sich keineswegs in irgendeiner Weise selbst erklärt und es häufig richtig, richtig unfair ist!
Screenshot Screenshot
Es passiert in mindestens einem von zehn Fällen, dass man beim Betreten eines neuen Levels direkt neben einem oder mehreren Gegnern erscheint; die fackeln gar nicht lange und - ZACK! - ist der Charakter tot! Verdeutlicht wird das mit den riesigen Buchstaben: "SACRFICE ACCEPTED" (zu Deutsch: Opfer angenommen). Welches Opfer? Wem wurde was geopfert? Und wer hat was geopfert? Sicherlich, gemeint ist wohl, dass der Tod des Charakters ein Opfer an irgendeine Gottheit sein soll - aber genau wissen tu' ich's nicht. Der Charakter stirbt also, es dauert ca. 10 Sekunden bis ich eine kleine Statistik über meinen Fortschritt zu sehen bekomme und plötzlich in einem Dorf bin und aufgefordert werde, mir eine Gilde auszusuchen. Als ich das tat, ging es weiter. Der Charakter lief auf ein Portal zu und startete in einem neuen Level. Ich überlebte keine 30 Sekunden: "SACRIFICE ACCEPTED" und dann "Select a Guild". So ging das dutzende Male. Im Laufe der Zeit sammelte ich durch Gegnerbesiegen sogenannte Boon Points ein. Wofür die gut sind? Das habe ich erst nach gut 2 Stunden rausgefunden, denn, wie erwähnt: Temple of Yog erklärt rein gar nichts!
Screenshot Screenshot
Die Boon Points dienen dazu, nach einem Tod, bevor ich eine Gilde wählte, eine der Gilden zu leveln. Das heißt, Lebens-Energie, Magie und der "Shadow World Timer" lassen sich je um eine Stufe erhöhen. Man bekommt also entweder ein Lebens-Energie-Herz mehr, die Magie-Leiste wird länger (oben schrieb ich ja bereits, dass ich keinen Schimmer habe, wozu genau Magie hier sinnvoll ist oder was sie tut) oder die Dauer, in der ich mich in der Shadow World aufhalten kann, verlängert sich. Oder, um es anders auszudrücken: Um den Charakter zu leveln, muss man immer wieder sterben. Man sammelt zwar nur wenn man lebendig ist Boon Points, aber man kann diese auch nur dann in Level-ups für den Charakter umwandeln, wenn man stirbt.
Screenshot Screenshot
Die Idee dazu ist irgendwie geil, das will ich gar nicht abstreiten, doch startet man nach jedem Tod immer und immer wieder bei Level 1 und man muss sich erneut durchkämpfen. Und oft stirbt man, ohne, dass man den gegnerischen Angriff auch nur erahnt hätte. Um das Ganze etwas abwechslungsreicher zu machen, sind die Level jedoch jedes Mal anders aufgebaut. Doch greift der Zufallsgenerator gerne mal total daneben! Denn, wie ich ja oben schon schrieb, dass man gerne mal direkt neben Gegnern auftaucht, die einen umgehend kalt machen, sind die Level nicht selten so strukturiert, dass man so zwischen den Welten wechseln muss, dass man beim Verlassen der einen Welt in der anderen auf engstem Raume gegen riesige Spinnen antreten soll, die den Ausgang bewachen. Das wäre vielleicht noch zu schaffen, wenn diese Spinnen nicht auch noch Energiebälle auf uns schleudern würden - also nicht mal in unmittelbarer Nähe des Charakters sein müssten, um ihm zu schaden. Was bleibt uns also zu tun? Gar nichts. Wir müssen in den sauren Apfen beißen und zum unzähligsten Male ein Leben lassen, denn wir kommen ansonsten eh nicht weiter. Also ist es die bessere Wahl, von vorne mit einem etwas gelevelten Charakter zu starten und zu hoffen, dass es bei diesem Versuch nicht wieder eine solche Falle gibt.
Screenshot Screenshot
Doch endet es hier nicht! Denn Temple of Yog bietet noch weitere Arten zu sterben. Man drückt einfach die Plus-Taste und man ist sofort tot; direkt und unverzüglich. Keine Abfrage oder irgendwas. Wer Plus drückt, ist tot. Warum man auf die Plus-Taste nicht ein Pause-Menü legte, ist mir unverständlich. Aber wo ist dann das Pause-Menü? Tja, es gibt keines! Man kann das Spiel nicht pausieren oder zwischendurch vielleicht in den Optionen etwas umstellen, das Spiel speichern und beenden, oder irgendsowas. Aber das muss man sich merken - wer aus Gewohnheit also versucht, das Pause-Menü aufzurufen, wird sein blaues Wunder erleben, und bezeugen, wie man lauthals einen Schwall neuer Schimpfworte erfindet. Denn war man gerade eben in Level 15 oder 16 oder so vorgestoßen, soweit wie noch nie, und man hat sogar noch volle Energie, aber jetzt muss man leider das Haus verlassen, also speichert man schnell mal - ZACK: SACRIFICE ACCEPTED! Statt zu speichern, hat man gerade sein Schicksal besiegelt.
Screenshot Screenshot
Aber das war noch längst nicht alles. Ein Spiel machen, wo man als Spieler/in stets seine Augen aufhalten muss, ist völlig in Ordnung, aber der Bildschirmausschnitt des Levels ist immer etwas zu klein geraten, sodass man sich manchmal projektilwerfenden Gegnern nähert, ohne diese zu sehen, aber man plötzlich 2 Herzen abgezogen kriegt (sofern man überhaupt noch soviele übrig hatte!), weil irgendwas angeflogen kam. Oder man weicht Gegner A aus, als plötzlich Gegner B aus einem Busch schnell zweimal zubeißt: SACRIFICE ACCEPTED! Bis man soweit gelevelt hat, dass man zumindest 2 oder gar 3 Treffer aushält, wird man seeeehr oft gestorben sein. Aber, ok, ja, man hält dann zwar irgendwann auch mal mehr Treffer auf, aber das hilft auch nur wenig, denn die Gegner werden ja auch immer schneller und stärker. Nicht zu vergessen, dass der Zufallsalgorithmus den Charakter nicht selten dazu zwingt, Selbstmord zu begehen, weil man anders nicht zum Ausgang kommt, oder dieser Zufallsalgorithmus eben diesen Charakter unmittelbar neben oder auf Gegnern erscheinen lässt, wenn er einen neuen Level betritt.
Screenshot Screenshot
Dazu zerrt der Timer für die Shadow World arg an den Nerven. Zu Beginn sind es vielleicht 2 oder 3 Sekunden, bevor man wieder in die normale Welt zurückgeworfen wird, ob man will oder nicht! Erst nach einigen Stunden hat man soweit gelevelt, dass es wenigstens 10 Sekunden sind - aber das langt auch nicht. Denn in dieser Zeit kann man viele Gegner unmöglich besiegen. So weicht man also aus, versucht selbst einen Treffer zu landen - PLOPP! - der Timer ist abgelaufen, man wirft uns zurück in die normale Welt und wir hatten nicht darauf geachtet, dass an der Stelle, an der wir nun erscheinen werden, eine Schlange lauerte, die jetzt zubeißt, und wir lesen deshalb nur noch: SARCIFICE ACCEPTED!
Screenshot Screenshot
Ist der Timer einmal ausgelaufen, muss man warten, bis er sich wieder aufgeladen hat - was mehrere Sekunden dauert. So wechselt man im besten Fall also immer hin und her, um irgendwas in der Shadow World zu erledigen, wird plötzlich zurückgeworfen, muss einfach nur sinnlos Zeit verstreichen lassen, und kann erneut einige Sekunden etwas... PLOPP! ...wird man schon wieder zurückgeworfen und muss sinnlos Wartezeit verstreichen lassen.
Screenshot Screenshot
Allerdings ist auch der Wechsel zwischen den Welten per se irgendwie enervierend, denn das ständige Auf- und Abgucken zwischen GamePad und TV-Gerät geht mit der Zeit gewaltig auf den Senkel: Es passiert pro Spielminute wenigstens ein Dutzend Mal, dass man den Blick hin- und herschweifen lässt, denn man muss ja für zwei Welten gleichzeitig aufpassen, wo Hindernisse, Gegner oder der Ausgang sind...
Screenshot Screenshot
Um übrigens ein besseres Verständnis für Temple of Yog zu kriegen, dachte ich, ich gucke mal in die Spieleanleitung. Aber Pustekuchen. Es gibt keine! Im Spiel selbst schon mal überhaupt gar nicht, und im HOME-Menü kann natürlich auf "Anleitung" gehen, doch was man präsentiert bekommt, ist "Important Information", "Copyright Information" und "Support Information". Jeder dieser drei Punkte besteht lediglich aus der Mindestmenge an Worten, die notwendig sind, um auf die Rechteinhaber, Sicherheitshinweise oder PEGI, USK und Co. hinzuweisen. Über das eigentliche Spiel wird nicht eine einzige Silbe verloren.
Screenshot Screenshot
TECHNIK
16-bittige Old-School-Optik, gepaart mit einer zwar wirklich geilen Melodie im Hintergrund, doch klingt diese zu fiepsig für 16-Bit, und zu instrumental für 8-Bit. Nervig sind allerdings die Soundeffekte, diese sind teils so hochfrequent, dass ich den Sound am Fernseher lieber um die Hälfte reduziert hatte, denn in einer Tour ein und dasselbe Angriffs-Fiep-Geräusch zu hören, ist eine Zerreißprobe für durch das Gameplay ohnehin schon arg geschundene Gemüt. Außerdem ist die Musik, so sie toll auch ist, die einzige, die man zu hören bekommt - sie kommt in jedem Level und wiederholt sich darin wieder und wieder.
Screenshot Screenshot
Die Steuerung für sich geht gut von den Fingern, doch passiert es in 50-70% aller Fälle, dass ein Angriff danebengeht, weil man in der Hektik den rechten Analog-Stick nicht korrekt genug in die notwendige Richtung drückte, sodass der Angriff um wenige Zentimeter vorbeirauscht. Damit könnte man leben, wenn das Drumherum nicht so hektisch wäre, dass das Verfehlen des Ziels häufig in "SACRIFICE ACCEPTED" resultiert.
Screenshot Screenshot
Zum Umfang kann ich nichts sagen, sorry. Ich hatte nach nun gut 12 Stunden tendenziell qualvoller Spielzeit einfach keinen Bock mehr, weiterzuspielen. Einerseits habe ich schon noch Motivation, weil man irgendwie doch weiterkommen will, doch immer und immer und immer und immer und immer wieder SACRIFICE ACCEPTED zu lesen, dabei einen Anfall nach dem anderen zu kriegen - nein, danke! Ein hoher Schwierigkeitsgrad ist die eine Sache, aber eine andere ist, wenn das Spiel sich überhaupt kein bisschen selbst erklärt, man permanent in Todesfallen gerät, und man noch dazu ständig gezwungen wird, sich selbst das Licht auszublasen und dann ganz vorn anzufangen.
Screenshot Screenshot
FAZIT
Temple of Yog ist teilweise fast schon pervers unfair, der Zufallsgenerator kostete mich unzählige Leben, Temple of Yog erklärt sich nicht, eine Anleitung gibt es nicht, meine Magie-Leiste habe ich kein einziges Mal gelevelt, weil ich einfach nicht weiss, wozu sie da ist, und die Worte SACRIFICE und ACCEPTED werde ich umgehend aus meinem Wortschatz löschen, um nie mehr an die hier gemachte Spieleerfahrung erinnert zu werden...
Jörg Singleplayer: 44%

Verfasst von Jörg am 07.01.2016,
bemustert durch ChudChud Industries
für bis zu 1 Person/en
Release am 07.01.2016