Cover: Cocoto - Alien Brick BreakerXILLIANER SIND DIE BLÖCKE
Nach der Verpackung zu urteilen hieße, in Cocoto Alien Brick Breaker einen Arkanoid-Klon zu sehen; auch der Kontext "Brick Breaker" im Titel lässt diesen Schluss zu. Aber braucht die Welt NOCH einen weiteren Arkanoid-Klon? Naja, etwas skeptisch startete ich das Game und war überrascht, dass es eigentlich eher "Arkanoid meets Space Invaders"-like ist - und diese Kreuzung ist wirklich gelungen.

Der kleine Cocoto nimmt es ganz allein mit einer Horde von Xillianern auf. Die Xillianer greifen nämlich Cocotos Galaxie an und wollen sie zerstören; Planet für Planet. Und geht so: Cocoto steht am unteren Bildschirm-Rand, die Xillianer sind oben - und sehr zahlreich noch dazu! - und feuern in regelmäßigen Abständen einen Schuss auf den Planet herab. Cocoto muss diesen Schuss reflektieren (natürlich physikalisch korrekt mit Winkeln, Spins, Beschleunigung, etc), indem er ihn berührt - dafür hat er seinen Schild. Trifft der Schuss direkt den Planeten, nimmt der Planet Schaden und droht mehr und mehr zu zerfallen, doch reflektiert Cocoto diesen Schuss, wird er neutralisiert und wird zu einem grünen Bällchen, und kann nun nur noch den Xillianern Schaden zufügen - und das auch tut, wenn es einen Xillianer trifft. Das bedeutet, die Xillianer sind das, was in Spielen wie Arkanoid, Breakout und Alleyway die Blöcke sind.

Allerdings ist das Problem, dass die Xillianer verschiedenartig sind. Einige sind ganz simple Wesen, die nicht viel tun und die nur einen Treffer aushalten. Andere sind gepanzert und halten 2 oder noch viel mehr Treffer aus. Andere spalten sind und werden bei einem Treffer zu zwei Xillianern, wieder andere bewegen sich hin und her, auf und ab, andere sind an bestimmten Stellen unverwundbar und reflektieren die Bällchen zurück. Ebenso können andere Xillianer sogar Verstärkung herbeirufen und und und... Die Möglichkeiten sind vielfältig.
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ROTE SCHÜSSE, GRÜNE BÄLLCHEN, EXTRASCHILDE UND BONI
Damit das Ganze aber nicht eine einzige unfaire Dauerbefeuerung des Planeten wird, läuft das Ganze wie folgt ab. Derjenige Xillianer, der als nächstes schiesst, leuchtet kurz vorher bunt auf und signalisiert so, dass er gleich feuert. Nun lässt er einen rot flackernde Schuss ab, der, wenn Cocoto ihn nicht rechtzeitig erwischt, den Planeten trifft. Kann Cocoto ihn aber erwischen, wird er zu besagtem grünen Bällchen und Coco muss ihn nicht mehr unbedingt beachten. Dann blinkt auch schon bald ein anderer Xillianer... und dann ein anderer... und so weiter. Es versteht sich von selbst, dass die ersten Level babyleicht sind, und dass Cocoto sich später mehr und mehr beeilen muss, den roten Schüssen Herr zu werden, die nun in wesentlich kürzeren Abständen herabfallen.
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Dabei ist verführerisch, dass die grünen Kügelchen, die bereits im Spiel sind, solange überall abprallen und Xillianer treffen, solange sie nicht die Planetenoberfläche treffen. Dort richten sie zwar keinerlei Schade an, aber sie sind dann eben aus dem Spiel. Und je mehr Kügelchen Cocoto gleichzeitig im Spiel halten kann, desto schneller dezimiert er die Xillianer und kann eventuell auch Boni kassieren. Andererseits wird Cocoto so vielleicht leichtsinnig und übersieht in den Trubel auch mal einige rote Schüsse.
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Besonders fies sind z.B. auch die flammenden roten Schüsse. Denn wenn Cocoto diese nicht erwischt, richten sie einerseits großen Schaden an, aber wenn er sie erwischt, wird dieser einmal zum grünen Kügelchen, und andererseits einmal zu einer Flamme, die auf den Planeten zufällt - und diesem natürlich schaden wird. Deshalb muss Cocoto bei den flammenden roten Schüssen gleich zweimal aufpassen, um auch die sich gleich abspaltende Flamme zu erwischen.
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Doch Cocoto ist nicht völlig auf sich allein gestellt. Er hat nämlich diverse Extraschilde, die seinen normalen Schild verändern. Der eine Schild kann riesig groß werden, der andere Schild kann Schüsse abfeuern, der nächste Schild kann jedes grüne Kügelchen beim Aufprallen verdoppeln, der widerum nächste kann die Kügelchen haften lassen und erst bei Tastendruck abfeuern und und und... Die Möglichkeiten sind sehr mannigfaltig und vom eingesammelten Schild-Item abhängig, die manche Xillianer ab und zu fallen lassen, wenn sie zerstört werden.
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Ebenso lassen einige Xillianer mit ihrem Ableben diverse Boni fallen: 1000 Extra-Punkte, der Schraubenschlüssel, der entstandenen Schaden am Planeten sofort repariert, der Zielstrahl, der zeigt, in welche Richtung ein Kügelchen zurückreflektiert, wenn es an der geplanten Stelle am Schild abprallt, etc...
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XILLIANER-ARMADA UND -KÖNIG MIT TENTAKELN UND SALVEN
Und so ackert sich Cocoto durch eine wahre Armada von Xillianern - ganze 50 Level lang, wobei 5 Planeten gerettet werden müssen, die jeweils 10 Level bieten. Dabei ist aber jeder Level in mehrere Abschnitte aufgeteilt. Mal nur 2 oder 3, mal 6 oder mehr. Ist ein Abschnitt geschafft, muss Cocoto also schnell in den nächsten rennen um die angreifenden Xillianer in ihre Schranken zu weisen, oder der Level gilt als geschafft und er kann den nächsten wählen, und der Spielfortschritt wird gespeichert.
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Am Ende eines Planeten erwartet ihn immer der Xillianerkönig, der in einem mit Tentakeln, dicken Laserwaffen, Schutzschilden und allerlei anderen Finessen ausgestattetem Raumschiff sitzt und besiegt werden muss. Wie so üblich verhält es sich selbstverständlich so, dass der Xillianerkönig erst nach und nach all sein Können zeigt. So ist er am Ende von Planet 1 eher lästig und quasi zeitverschwendung, während er bei Planete 2 schon mit Tentakeln angreift und auch die grünen Kügelchen neutralisieren kann, damit sie ihn nicht treffen - und gern greift er auch mal mit mehreren rote-Schüsse-Salven an...
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GAME OVER, WAS SOLL'S?
Vermasselt Cocoto es mal, einen Planeten zu retten, also nimmt dieser zu viel Schaden und wird zerstört, wird das mit einem "Game Over" quittiert und er muss am letzten Speicherpunkt neuansetzen. Und das ist ein kleiner Wehrmutstropfen, denn so kann man praktisch nicht verlieren. Game Over, was soll's? Nach jedem geschafften Level wird eh abgespeichert. Das nimmt viel von dem Schrecken, Bekanntschaft mit dem Game-Over-Screen zu machen. Es wäre vielleicht besser gewesen, z.B. nur alle 5 Level und nur nach jedem Planeten zu speichern, oder das System mit Extraleben und so zu überdenken...
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Gleichsam sind die Schildupgrades VIEL zu stark und hilfreich. Sie sind immer nur für 10-20 Sekunden aktiv und verpuffen dann wieder, aber diese paar Sekunden langen oft schon, um derbe aufzuräumen. Vor allem das Kügelchen-Verdoppel-Schild und der Berserkerschild (killt jeden Xillianer mit einem Treffer des reflektierten Kügelchens und geht sogar durch ihn durch!) sind beinahe schon übermächtig. Da man mit dem Verdoppel-Schild in wenigen Augenblicken ein bis zwei Dutzend Kügelchen durch die Gegend schickt, ist die anfängliche Xillianer-Armada in ein paar Sekunden nur noch ein kläglicher Haufen Asche. Und Schildupgrades sammelt Cocoto in den allermeisten Levels oft zwei- oder dreimal ein - das fühlt sich für den Spielmoment toll an, weil man sich wie David gegen Goliath fühlt, aber bald stellt man fest, dass diese Upgrades irgendwie eher schlecht für den Spielspaß sind.
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Ebenso wird das Gameplay, so sehr es später im Schwierigkeitsgrad auch anzieht, nie SO hektisch und gefährlich, dass man wirklich ins Schwitzen kommt. Natürlich lässt man dann öfters mal einen roten Schuss durch, natürlich sieht man hin und wieder auch mal "Game Over", aber das passiert nicht sooooo oft und ist im Endeffekt nicht soooo nachteilig, dass man sich darüber wirklich ärgert oder gar davor fürchtet, dass es passieren könnte; das nimmt etwas die Spannung aus der ansonsten tadellosen Idee für das Gameplay.
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NUR DIE GESCHICHTE
Aber das war bis hierher nur der Modus "Geschichte"; es gibt nämlich noch zwei weitere. Einmal "Arcade" und einmal "Klassik". Allerdings gelingt es mir nicht, den Gameplay-Inhalt anhand der Bezeichnungen "Arcade" und "Klassik" abzuleiten, geschweigedenn einen wirklichen Unterschied darin zu finden - weder zueinander, noch zu "Geschichte". Immerhin muss man beide Modi erst zugänglich machen, in dem für "Klassik" der erste Planet und für "Acrade" der zweite Planet im "Geschichte"-Modus gemeistert werden muss.
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Jedenfalls: Das Gameplay ist bei beiden Modi nämlich eigentlich dasselbe wie bei "Geschichte": Cocoto muss die Xillianer mit Kügelchen vom Himmel putzen und aufpassen, dass keine roten Schüsse die Planetenoberfläche treffen. Ansonsten dauern diese Modi endlos an, also solange, bis Cocoto all seine Leben verbraucht hat - und die verbraucht er jeweils, indem er einen roten Xillianer-Schuss auf die Planeten-Oberfläche durchlässt. Cocoto kann zwar auch weitere Extraleben hinzuverdienen (die hin und wieder als Bonus von Xillianern fallengelassen werden), aber wirklich nötig sind die nicht, weil eben der Schwierigkeitsgrad scheinbar nicht wirklich fies wird.
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So müht Cocoto sich also lange ab, bis er also keine Leben mehr vorrätig hat und dann wird seine Gesamtpunktzahl gespeichert. Soweit ein interessantes Konzept, aber ich habe nach 30-45 Minuten aufgehört und absichtlich alle Leben verloren (um zu gucken, was dann geschieht), weil ich nach so langer Spieldauer merkte, dass ich immer dasselbe tat, der Schwierigkeitsgrad nicht wirklich anzieht, und eigentlich nur meine Punktzahl immer größer wurde.
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Hier unterhält der "Geschichte"-Modus viel eher, weil er viel transparenter ist. In einem bestimmten Planeten Level mehr Punkte durch clevereres Zielen zu sammeln motiviert weitaus mehr, als zu versuchen, nach X Minuten mehr Punkte gesammelt zu haben als zuvor; weil man ganz einfach an Einzelheiten besser abschätzen kann, wo etwaige Fehler lagen.
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Allerdings hält auch hier sich der Spaß in Grenzen, denn Highscores will man vergleichen können - und die Zeit, das über Magazine oder Webseiten zu machen, wo man immer alles manuell eintragen/hinschicken muss, ist heute leider passé. Deshalb organisieren sich viele Spiele heute ja so, dass automtisch das über interne Online-Highscorelisten gemacht wird, die immer aktuell sind. Cocoto Alien Brick Breaker verschenkt aber auch hier Potenzial, denn es gibt keine Online-Highscorelisten; die gibt es nichtmal Highscorelisten im Spiel selbst. Dort steht pro Level nur der bislang höchste erreichte Score - ohne Spielernamen oder -initialen. Aber es gibt wenigstens die Funktion, seine Highscores über StreetPass auszutauschen, was außerdem weitere Trophäen im Achievement-Bereich freischaltet.
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TECHNIK
Meine Augen und Ohren wurden sehr zufriedengestellt. Eine bunte, aber nicht knallbunte, Comic-Grafik mit vielen Details und schönen Kontrasten, die außerdem fehlerfrei und ohne Ruckler dargestellt wird, egal, wieviele Xillianer und grüne Kügelchen gerade auf dem Bild in Aktion sind. Der irgendwie schrullig-spacige und fröhliche Soundtrack runden das Gesamtbild ab.
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Überflüssig ist allerdings der 3D-Tiefeneffekt. Natürlich funktioniert er ohne Probleme, aber er trägt kaum etwas zum Spielgefühl bei, weil er all die beweglichen Elemente einfach nur etwas vom Hintergrund abhebt. Fairerweise räume ich aber ein, dass bei einem derartigen Spiel, das nunmal eigentlich in 2D gehalten ist, ein 3D-Tiefeneffekt kaum zu gebrauchen ist.
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Der Umfang ist soweit auch ok: 50 reguläre Level, zwei Endlos-Modi, 10 Boni, 14 verschiedene Schilde und 14 verschiedene Xillianer-Typen bieten eigentlich ausreichend Abwechslung. Aufgrund der genannten Gameplay-Schwächen ist ein fehlender Mehrspieler-Modus (z.B. kooperativ, oder wer säubert seinen Level zuerst, oder wer hat nach 3 Leveln am meisten Punkte, oder sowas) ein derber Schnitzer, der einiges an Pro-Kaufargumenten einbüßt. Darum reichen 50 Level nicht wirklich aus, denn die hat man schnell durch - und was dann...? 100 oder 150 Level wären da fair gewesen. Ferner fehlen Time-Trial- und Highscore-Aspekte pro Level.
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Sogar die Verpackung macht einige merkwürdige Fehler. So ist sie beispielsweise so dick wie ca. 4 normale 3DS-Spieleverpackungen und völlig aus Pappe. Das Material Pappe ist ja völlig in Ordnung, aber darin ist das Modul umständlich herauszunehmen und es gibt weder eine normale 3DS-Plastik-Spieleverpackung darin, noch ein kleines Modul-Döschen. So muss man das Modul also immer wieder rein- und rausfummeln, was früher oder später zwangsweise dazu führen muss, dass die Verpackung Risse, Knickser oder Stresslinien bekommt; und wer will das schon. Da MUSS man sein Modul doch zwangsweise einfach so rumliegen lassen, oder? Ich hätte stattdessen wirklich gern auf die soweit ganz nette Cocoto-Bonus-Figur verzichtet und dafür lieber ein kleines, stabiles Papp-Döschen für das Modul gehabt, dann wäre alles super gewesen.
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Dann ist auch die Gestaltung der Vorder- und Rückseite seltsam. Sie zeigt ein Raumschiff, das mit einer Kugel Blöcke zerstört (Raumschiffe und Blöcke gibt es im Spiel aber zu keiner Zeit!); außerdem verzichtet die Verpackung durch irgendeinen Text zu erklären, worum es geht oder warum man das Spiel kaufen sollte; der einsame Satz "Der Brick-Breaker, der das Genre revolutioniert!" mitsamt vier kleinen Screenshots ist jedenfalls nicht sehr hilfreich dabei, sich das Spiel und sein Gameplay zumindest grob vorstellen zu können.
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FAZIT
Zuerst dachte ich an einen Arkoid-Klon (wegen der Verpackung) und war dann nach 10 Sekunden enttäuscht, dass es kein Schiffchen und keine Blöcke gibt. Weil das Gameplay aber ähnlich funktioniert und ähnlich spaßig ist, war ich trotzdem sehr von von Cocoto Alien Brick Breaker angetan und freute mich, dieses Spiel wohl als Geheimtipp an Euch empfehlen zu können.
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Aber dann trat eine gewisse Ernüchterung ein: Auch mit fortschreitender Spielzeit wird der Titel nie fordernd, es gibt weder off- noch online irgendwelche Highscore-Listen - und es gibt keinen Mehrspieler-Modus. Ja, sogar die Verpackung hat tolle Ansätze (Pappe statt Plastik), die durch ihre Gestaltung aber im Alltag leider versagen muss, wenn man nicht zufällig ein Dritthersteller-Modul-Döschen herumliegen hat.
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Liebe Bigben-Entwickler: Das Spielkonzept hat das Zeug zum Klassiker, wirklich, ehrlich! Bitte macht einen zweiten Teil mit demselben Gameplay, einer Spur mehr Level, Multiplayer-Modi und ohne die anderen genannten Makel (zu leicht, zu kurz, nie wirklich hektisch und darum nicht spannend genug) - dann könnte das locker eine Wertung von 85% oder mehr werden.
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PS: Wäre das Cocoto-Figürchen nicht dabei, hätte der Preis sicher auf unterhalb des Standard-3DS-Spielepreises von 40€ gedrückt werden können, was es mir dann leichter gemacht hätte, trotz kleinerer Mängel wenigstens eine Preis-/Leistungs-Kaufempfehlung auszusprechen. Doch da der Titel mittlerweile auch im eShop für rund 20€ zu haben ist, fällt es mir leichter zu sagen, dass man ruhig einen Blick riskieren darf...
Jörg Singleplayer: 70%

Verfasst von Jörg am 14.12.2013,
bemustert durch DeLaSocial
für bis zu 1 Person/en
Release am 13.07.2012